"Die Einlagen sind sicher." Dass sich Bundeskanzler Olaf Scholz vergangene Woche genötigt sah, diesen Satz in einem Interview fallen zu lassen, ist kein gutes Zeichen. Da werden schnell Erinnerungen wach an jenen denkwürdigen Sonntag im Oktober 2008, als Kanzlerin Angela Merkel gemeinsam mit Finanzminister Peer Steinbrück vor die Kameras trat, um den Bürgern zu versichern, dass die Bundesregierung im Zweifelsfall für ihre Einlagen einstehen würde. Ohne dieses Versprechen, so die heutige Lesart der damaligen Ereignisse, wäre es in Deutschland wahrscheinlich zu einem "Bank Run" gekommen.

Dass Menschen am Bankautomaten Schlange stehen, um ihr Konto leerzuräumen, war jüngst wieder in den USA zu beobachten. Dort musste die Einlagensicherung erst die Silicon Valley Bank und dann die Signature Bank auffangen. Kurz darauf hatten die Mittelabzüge bei der Credit Suisse offensichtlich ein Niveau erreicht, das einen Notverkauf an die UBS unumgänglich machte. Spätestens jetzt ist die Bankenkrise also in Europa angekommen.

Positiv ist, dass Finanzaufsicht, Notenbanken und Politik schnell und entschlossen gehandelt haben – anders als vor 15 Jahren. Das erhöht die Chancen, dass die Krise auf eine überschaubare Zahl von Banken beschränkt bleibt und nicht auf andere Segmente der Finanzbranche überspringt. Gelingt das, kann auch die Asset-Management-Industrie aufatmen.

Auch Fondsanbieter arbeiten mit Geld – sie sind aber keine Banken
Klar, die Bankenkrise wird auch manchen Fondsanbieter ins Mark treffen. Das gilt nicht nur für die Asset-Management-Sparte der Credit Suisse, die vor einer ungewissen Zukunft steht. Bei den Fondstöchtern aller Banken wird in nächster Zeit der Rotstift regieren: Jetzt ist nicht die Zeit, große Investitionen zu planen oder neue Stellen zu bewilligen. Zu rechnen ist auch damit, dass einzelne Fonds in Schieflage geraten werden, beispielsweise wenn sie im großen Stil in Nachranganleihen von Banken investiert haben. Dieser Markt hat bekanntlich die Tatsache zu verdauen, dass entsprechende Papiere der Credit Suisse im Wert von 16 Milliarden Franken über Nacht wertlos wurden.

Im Großen und Ganzen darf die Fondsbranche aber hoffen, nicht mit der Bankenwelt in einen Topf geworfen zu werden. Zwar arbeitet auch sie mit Geld. Aber sie verwaltet es nur treuhänderisch für ihre Kunden. Den allergrößten Teil dieser Summe investiert sie eben nicht in die Finanzindustrie, sondern in die Realwirtschaft: in Industrieunternehmen, Wohnungskonzerne, Nahrungsmittelproduzenten oder Rohstofffirmen. Auch deren Börsenkurse sinken, wenn eine Bankenkrise die Anleger verunsichert, aber sie erholen sich wieder, zumindest auf lange Sicht.

Die Worte "Die Einlagen sind sicher!" gehen einem Kanzler mittlerweile routiniert über die Lippen. Den Satz "Ihre Fonds sind sicher!" muss er zum Glück nicht sagen.