Was musste sich die Deutsche Vermögensberatung (DVAG) nicht alles anhören in den vergangenen Jahren. Erst im November veröffentlichte die Bürgerbewegung Finanzwende ein 22-seitiges Dossier über die "Schattenseiten von Deutschlands größtem Finanzvertrieb". Dort werden "Kundenschädigung durch überteuerte Produkte", "Ausbeutung und sektenähnliche Strukturen innerhalb der DVAG" sowie die "undurchsichtige und schädliche Lobbymacht" angeprangert. Die Kritik war im Kern nicht neu, traf aber doch auf große mediale Resonanz.

Der Preis für die wohl derbste Kritik an dem Frankfurter Unternehmen gebührt ohne Zweifel dem Satiriker Jan Böhmermann, der den Finanzvertrieb in seiner Late-Night-Show "ZDF Magazin Royale" vor gut zwei Jahren wie folgt beschimpfte: "Die DVAG ist eine gehirnwaschende Drückerkolonne, die mit skrupellosen Methoden Menschen in den finanziellen Ruin treibt und sich dafür selber mit Golduhren und mit geilen Kreuzfahrten belohnt. Und um zu verbergen, was wirklich abgeht, macht die DVAG tolle Werbung und PR-Kampagnen und nutzt das gute Image von käuflichen Edelprominenten wie Jürgen Klopp, Helene Fischer und Angela Merkel."

Ein wichtiges Narrativ der DVAG bekommt Risse
Viele Firmen würden bei derart heftigem Gegenwind einknicken. Nicht aber die DVAG. An ihr scheint jede Kritik abzuperlen wie ein Regentropfen an der frisch gewachsten Barbour-Jacke. Der Konzern legt ein Rekordergebnis nach dem nächsten vor. Die Kunden geben sich ebenfalls unbeeindruckt, die meisten fühlen sich von "ihrem" Berater, der ihnen ja eigentlich ganz sympathisch ist, rundum gut betreut. Und die Vermögensberater selbst? Bei ihnen stärkt solche Kritik eher die Wagenburgmentalität. Nach dem Motto: Wir, die DVAG, sind eine große Familie und halten zusammen – was auch immer da draußen gerade passiert!

Doch plötzlich bekommt dieses Narrativ Risse: Recherchen von FONDS professionell ONLINE zeigen, dass die DVAG einigen Vermittlern Sonderprovisionen und Vergünstigungen zusprach, die ihnen nach den Vorgaben des konzerneigenen Karrieresystems gar nicht zugestanden hätten. Das familieninterne "Gesetz", dass einzig und allein die Leistung über Aufstieg und Einkommen bestimmen, scheint nicht für alle zu gelten. Damit hat die DVAG eines ihrer zentralen Versprechen an die Vermögensberater gebrochen. Das wird ihnen mehr zu denken geben als Jan Böhmermann, der gegen eine "gehirnwaschende Drückerkolonne" wettert.