In der Finanzbranche dürfte das Europäische Umweltzeichen bislang nicht sonderlich bekannt sein. Schließlich ist die stilisierte Blume aktuell vor allem auf Verbrauchsgütern wie Waschmitteln oder Lackdosen zu finden, auch einige Campingplätze schmücken sich damit. Doch bald wird es das "EU-Ecolabel" auch für Fonds geben. Die Idee ist sinnvoll: Es gibt zwar lokal anerkannte ESG-Fondsratings wie das FNG-Siegel oder das Österreichische Umweltzeichen, aber kein europaweit etabliertes Pendant.

Seit einigen Monaten liegen Vorschläge auf dem Tisch, nach welchen Kriterien das Label vergeben werden könnte. Auf den ersten Blick wirken die Hürden nicht allzu hoch: Ein Aktienfonds müsste mehr als 20 Prozent seines Vermögens in Unternehmen investieren, die ihren Umsatz mindestens zur Hälfte in Geschäftsfeldern erwirtschaften, die laut EU-Taxonomie als "grün" gelten. Bei weiteren 40 Prozent muss wenigstens ein Fünftel der Erlöse taxonomiekonform sein.

Das klingt machbar – ist es aber offensichtlich kaum. Eine jüngst veröffentlichte Studie der EU-Kommission zeigt, dass Stand heute nur drei von 101 untersuchten Nachhaltigkeitsfonds die Kriterien erfüllen könnten (FONDS professionell ONLINE berichtete).

Für den breiten Markt nicht geeignet
Kein Wunder, dass viele in der Asset-Management-Branche die diskutierten Kriterien reflexartig als zu streng zurückweisen. Doch das ist nur ein Teil der Wahrheit. Denn zahlreiche Fonds, die als nachhaltig vermarktet werden, dürfen bei ehrlicher Betrachtung höchstens als hellgrün gelten. Solche Produkte verdienen kein Ecolabel – sonst kann man es gleich auf jedes Finanzprodukt draufkleben. Wenn allerdings wirklich nur drei Prozent der Nachhaltigkeitsfonds auf das Ökosiegel hoffen dürfen, kann das Label in der Anlageberatung keine relevante Rolle spielen. Damit würde ein wichtiges Ansinnen der EU scheitern: Das Umweltzeichen soll schließlich dabei helfen, Kapital in ökologisch sinnvolle Projekte zu lenken.

Bei den wenigen Fonds, die sich heute schon für das Ecolabel qualifizieren oder zumindest in die Nähe davon kommen, handelt es sich fast ausnahmslos um Themen- oder Sektorinvestments. Mit einem Erneuerbare-Energien-Fonds lassen sich die Kriterien offensichtlich gut erfüllen – mit einem global investierenden, breit streuenden Portfolio allerdings kaum. Stand heute dürften Anleger von einem Ecolabel-Fonds also keine echte Diversifikation erwarten.

Damit wäre das Umweltzeichen ein Siegel für die grüne Nische. Diese Nische ist wichtig, sie wird und soll wachsen. Doch in einem vernünftig strukturierten Privatanlegerdepot sollten derartige Sektorfonds nur eine Nebenrolle spielen. Für den breiten Markt, für den das Ecolabel eigentlich gedacht ist, wäre es damit nicht geeignet.