ESG-Präferenzabfrage: Verfehlte Produktpolitik der Banken
FONDS professionell-Chefredakteur Bernd Mikosch über die Frage, wie sich die Nachhaltigkeitswünsche der Kunden erfüllen ließen.
Der Architektenfehler steht bei Bauherren auf der Liste der Albtraumverursacher wohl ganz oben. Ging schon bei der Planung etwas schief, kann selbst ein geschickter Handwerker meist nichts mehr retten. Auch wenn der Gedankensprung recht weit erscheint: Mit der Nachhaltigkeitspräferenzabfrage verhält es sich ähnlich.
Wegen der turbulenten Märkte spielte die Frage, wie Anlageberater einen Fonds finden, der zu den ESG-Wünschen ihrer Kunden passt, in der breiten Diskussion zuletzt zwar kaum eine Rolle. Aber gelöst ist das Problem ja keineswegs. Für Anleger, die sich in der Beratungslogik ihrer Bank auf der hellgrünen Stufe wohlfühlen und die – der Kundenbetreuer atmet erleichtert auf – keine besonderen Schwerpunkte setzen möchten, findet sich meist ein Fonds im Produktkorb. Je dunkelgrüner und spezifischer die Wünsche werden, umso häufiger muss der Berater seine Kunden jedoch enttäuschen. Das ist für beide Seiten frustrierend.
In der Branche wird dann gern auf die schwierige Datenlage und die holprige Regulierung verwiesen. Doch das ist nur ein Teil der Wahrheit. Denn wer gut genug sucht, findet in vielen Fällen auch einen passenden Fonds. Eher rächt sich hier, dass sich viele Banken von der Idee der "offenen Architektur" verabschiedet oder sich nie darauf eingelassen haben. Spezifische Kundenwünsche lassen sich mit einem kleinen Produktkorb eben nicht erfüllen. Ein klassischer Architektenfehler – der sich im Gegensatz zum Bau zum Glück jedoch beheben lässt.
Kommentare
ESG Präferenzabfrage
AntwortenZuerst stelle ich mir die Frage, ob die Nachfrage nach ESG-Fonds tatsächlich so groß ist wie angenommen. Bei meinen Kunden jedenfalls spielt dieses Thema keine Rolle, denen geht es tatsächlich vordergründig darum, Geld zu verdienen. Vielleicht liegt das aber auch en meiner persönlichen Einstellung und den entsprechenden Erklärungen. Da wäre zum einen das Problem, dass im Grunde genommen überhaupt kein Produktions- oder Dienstleistungsunternehmen gibt, das z.B. im Bereich Klimawandel Co2-Neutral unterwegs ist. Bei der heutigen Technik müssten wir schon wie in Burkina Faso leben, die so gut wie kein Co2 ausstoßen. Realistisch? Wohl kaum. Warum soll ich Unternehmen meiden, die z.B. im Ölbereich tätig sind, obwohl ich persönlich darauf angewiesen bin? Ja, ich fände es auch toll, wenn ich kein Öl, Gas usw. benötigen würde, aber heute ist das nun einmal nicht möglich. Ein Unternehmen wie z.B. Adidas wird z.B. von MSCI 3-fach grün gewertet, also als Leader in der Branche. Zum einen aber kommen bestimmte Facts von der Firma selber und können gar nicht überprüft werden, zum anderen stören mich persönlich alleine die gigantischen Transportwege. Ist grün also wirklich grün Aber der Hauptgrund, warum ich beim Thema ESG passen muss, ist die Problematik Handeln bzw. danach leben. Nur ein Beispiel: Als vor Jahren nach dem Dieselskandal die VW-Porsche Gruppe incl. Audi ESG-mäßig abgewertet wurde (bei MSCI auf die schlechteste Stufe), da konnte ich nicht feststellen, dass das jetzt irgendwelche großen Auswirkungen auf die Verkaufszahlen hatte. So gab es Vertriebsmitarbeiter von Fonds-Gesellschaften, die stolz ihre ESG-Produkte präsentieren wollten, die mit ihrem neuen Audi-Dienstwagen vorfuhren. Statt die Aktien aus dem ESG-Portfolio zu verbannen hätte man besser auf Fahrzeuge anderer Anbieter zurückgegriffen, das hätte wohl größere Auswirkungen. Solange "schlechte" Unternehmen erfolgreich unterwegs sind, solange scheint es wohl nicht weit her zu sein mit einem "grünen" Verhalten bzw. Verzicht auf entsprechende Produkte. Mit dieser Doppelmoral, die besonders in Deutschland so verbreitet ist (Fußballübertragungen aus Katar boykottieren aber ständig Cola und Hamburger der größten Sponsoren konsumieren) tue ich mich jedenfalls schwer. Von der EU ganz zu schweigen.... Im übrigen haben Sie recht mit der Kritik an der fehlenden offenen Architektur der Banken. Aber für freie Finanzberater ist das ja dann auch wieder eine Chance.... PS: Ich vermittle mittlerweile ausschließlich Aktien-Vermögensverwaltungen. Da diese kein Finanzprodukt sind, erleichtert es die Sache ungemein. Klaus Gurniak
gurniak@yahoo.de am 12.12.22 um 14:08