Geht es nach dem Analysehaus Morningstar, ist Vanguard Europas bester großer Asset Manager. 83 Prozent des Geldes, das der US-Anbieter verwaltet, ist in Fonds mit vier oder fünf Sternen investiert – da hält kein anderes Investmenthaus mit. Selbst die engsten Verfolger wie Carmignac, Columbia Threadneedle oder Fidelity kommen nur auf eine Top-Fonds-Quote von 72 oder 73 Prozent (FONDS professionell ONLINE berichtete).
 
Vanguard sei der Erfolg gegönnt, schließlich macht der Fondsriese aus Pennsylvania nicht nur auf seinem Heimatmarkt, sondern auch in Europa einen hervorragenden Job. Allerdings macht es doch stutzig, dass ausgerechnet ein Anbieter von Indexfonds der Asset Manager mit den besten Produkten sein soll. Wäre dem wirklich so, wäre das ein Armutszeugnis für die Verfechter aktiven Managements: Kein einziges Investmenthaus schafft es, einen Produzenten von Indexfolgern hinter sich zu lassen – wie peinlich ist das denn?
 
Fonds mit Agio im Sterne-Rating benachteiligt
Ganz so schlimm ist es um das aktive Asset Management zum Glück dann doch nicht bestellt. Denn die Morningstar-Auswertung ist zwar sicherlich in sich korrekt, erzählt aber dennoch nicht die ganze Wahrheit. Das liegt an einem wichtigen Detail, das selbst vielen Branchenkennern nicht bewusst ist: Morningstar berücksichtigt bei der Berechnung des Sterne-Ratings einen Ausgabeaufschlag – und zwar das laut Prospekt maximal mögliche Agio bis zu einer Obergrenze von fünf Prozent bei Aktienfonds und drei Prozent bei Rentenfonds. Vanguards Indexfonds haben keinen Ausgabeaufschlag. Ein normaler aktiv verwalteter Aktienfonds muss diese fünf Prozent aufholen, bevor er mit dem Indexfonds gleichgezogen hat.
 
Im Vergleich zu Indexfonds werden Publikumsfonds mit Ausgabeaufschlag im Sterne-Rating also systematisch benachteiligt. Es ist wichtig, diesen Punkt bei der Beurteilung entsprechender Rankings zumindest im Hinterkopf zu haben.
 
Dass Vanguard überhaupt in der genannten Morningstar-Auswertung auftaucht, liegt daran, dass das US-Haus zahlreiche nicht-börsengehandelte Indexfonds anbietet, die im Mantel normaler Publikumsfonds daherkommen. Börsengehandelte ETFs hat Morningstar separat untersucht – für sie veranschlagt das Analysehaus übrigens pauschale Transaktionskosten von 0,2 Prozent. Das hilft zu erklären, warum sich auch zahlreiche ETFs mit so vielen Sternen schmücken können.
 
Geänderte Systematik
Morningstar hat übrigens erkannt, dass der Ausgabeaufschlag das Sterne-Rating verzerren kann – und wird ihn ab Oktober deshalb nicht mehr berücksichtigen. Das ist eine gute Entscheidung, schon weil das Agio im Alltag des Finanzvertriebs längst nicht mehr die dominierende Rolle spielt wie früher.
 
Beim Morningstar-Ranking der besten Asset Manager zum vierten Quartal wird Vanguard deshalb wohl nicht mehr ganz so gut abschneiden wie heute – auch wenn die Fonds keinen Deut schlechter geworden sind. Bleibt zu hoffen, dass sich dann zumindest ein Anbieter aktiver Fonds vor Vanguard schieben kann. Nur wenn das nicht gelingen sollte, wäre es gerechtfertigt, von einem für die Branche wirklich peinlichen Ergebnis zu sprechen.