Die Zahlen zum Nettomittelaufkommen im vergangenen Jahr, die der Branchenverband BVI nun vorgelegt hat, schreien geradezu nach reißerischen Schlagzeilen: "Absatz von Publikumsfonds bricht 2016 um über 90 Prozent ein" ließe sich schreiben, ohne dass es sich dabei um eine "Fake News" handeln würde. Auch "Publikumsfonds verzeichnen viertschlechtestes Jahr seit dem Jahrtausendwechsel" wäre sachlich korrekt.

2015 hatten die Asset Manager, die ihre Zahlen dem BVI melden, in Deutschland noch 72 Milliarden Euro mit Publikumsfonds eingesammelt. 2016 waren es nur noch 6,5 Milliarden Euro – das bedeutet ein Minus von 91 Prozent. In diesem Jahrtausend gab es bislang nur drei absatzschwächere Jahre: die der Finanzkrise 2008 und 2009 sowie das des drohenden Euro-Kollapses 2011.

Sind die goldenen Jahre für die Branche schon wieder vorbei?
So richtig es ist, von einem Einbruch zu sprechen, so falsch wäre es, daraus den Schluss zu ziehen, dass die goldenen Jahre für die Branche schon wieder vorbei sind. Wahr ist vielmehr, dass 2015 für die Anbieter ein außerordentliches Rekordjahr war, das schwer zu toppen ist. Und wer das vergangene Jahr Revue passieren lässt, der muss sich nicht wundern, dass sich viele Privatkunden mit Neuinvestments eher zurückhielten: Der Mini-Börsencrash im Januar, das Brexit-Votum im Juni, die Trump-Wahl im November – die Liste der Gründe, sein Geld lieber auf dem Sparkonto liegen zu lassen, ließe sich beliebig verlängern.

Die Zeit der politischen Beben wird so schnell nicht vorbei sein, das zeigt schon ein Blick auf den Wahlkalender. Trotzdem spricht einiges dafür, dass der Asset-Management-Branche einige weitere gute Jahre bevorstehen. Das liegt allerdings nur in wenigen Fällen an der herausragenden Leistung der Fondsmanager, sondern zum größten Teil schlicht an den fehlenden Anlagealternativen. Das Sparbuch vernichtet real Vermögen, die klassische Lebensversicherung ist tot, das Geschäftsmodell der Bausparkassen bröckelt.

Es gilt, das Geschenk niedriger Zinsen zu nutzen – jetzt
Die niedrigen Zinsen sind ein Geschenk für die Fondsbranche. Jetzt gilt es, die Sparer davon zu überzeugen, dass sie mit Fonds an der Ertragskraft der Unternehmen teilhaben und so weiterhin ein Vermögen aufbauen können – auch wenn diese Reise holpriger verlaufen wird als früher mit dem Sparbuch oder der Lebensversicherung.

Aus vorsichtigen Sparern werden nicht über Nacht mutige Anleger. Dieser Prozess benötigt Zeit und viel Überzeugungsarbeit. Scheuen darf die Fondsbranche diese Mühen aber nicht. Denn wenn die Zinsen eines Tages wieder deutlich höher stehen als heute, ist es zu spät.