Sie galt als das sicherste Schiff der Welt, ihr Untergang schien ausgeschlossen, und doch sank die Titanic am 2. April 1912. In den stürmischen Zeiten, die deutsche Lebensversicherer derzeit durchmachen, bemühen zynische Skeptiker gern den Vergleich mit dem vermeintlich unsinkbaren Luxusdampfer.

Den Unternehmen sagen sie den baldigen Untergang voraus, den Kunden den Verlust ihrer Altersvorsorge. Solche Prognosen sorgen für Angst bei den Inhabern von Lebenspolicen. Makler denken darüber nach, was sie ihren Kunden in dieser Situation eigentlich empfehlen sollen. Kündigung der Verträge? Verkauf am Zweitmarkt? Dabei sind solche unüberlegt gestellten Prognosen nicht viel mehr als Seemannsgarn.

Unvorhersehbare Lage
Richtig ist, dass Lebensversicherer über viele Jahrzehnte hinweg als vollkommen stabil und krisenfest galten. Ihre Policen brachten ordentliche Renditen. Den Unternehmen fiel es leicht, Zinsgarantien von vier Prozent zu geben, schließlich erwirtschafteten ihre eigenen Kapitalanlagen sogar um die Jahrtausendende noch über sieben Prozent.

Diesen goldenen Zeiten hat die ultralockere Geldpolitik der Europäischen Zentralbank ein jähes Ende bereitet. 2015 erzielten die Lebensversicherer mit ihren Anlagen im Schnitt zwar noch 4,5 Prozent Rendite, aber nur, weil sie im Kurs gestiegene Anleihen mit Gewinn verkauften. Während die hohen Renditen der Vergangenheit angehören, sind die Garantieverpflichtungen aus den Altverträgen hingegen höchst aktuell. Verharren die Zinsen noch lange Zeit weiter auf niedrigem Niveau, wird es nicht jeder Versicherer schaffen, seine Versprechen einzuhalten.

Zahlreiche Rettungsmaßnahmen
Lebensversicherungskunden deshalb jedoch in Panik zu versetzen, wäre aber fahrlässig. Wer die große Krise prophezeit, sollte sich vor Augen halten, dass die Versicherer selbst und auch die Finanzaufsicht Bafin zahlreiche Maßnahmen ergreifen können, um eine drohende Unterdeckung oder gar eine Insolvenz zu vermeiden.

Bevor ein Versicherer in Seenot gerät, erlaubt ihm etwa das Versicherungsaufsichtsgesetz, alle künftigen Überschüsse zurückzufahren. Mitunter dürfen auch Garantien gesenkt und Prämien erhöht werden. Entschärft sich die Lage nicht, kann die Bafin den Übergang aller Verträge auf die Sicherungseinrichtung Protektor und gegebenenfalls Leistungskürzungen anordnen. Naht eine Insolvenz, dürfen die Aufseher sogar Auszahlungsverbote verhängen. Und dies sind nur einige Rettungsboote.

Alle Kunden schützen
Sicher, solche Einschnitte sind für jeden betroffenen Policen-Inhaber schmerzhaft. Sie sorgen aber dafür, einen in Bedrängnis geratenen Versicherer über Wasser zu halten und alle Kunden gleichmäßig zu schützen. Zudem steht nicht zu befürchten, dass die Kürzungen einen Großteil der Altersvorsorge verschlingen. Realistisch sind eher Anpassungen um wenige Prozent.

Die deutschen Lebensversicherer steuern durch schweres Fahrwasser. Das sollten Makler ihren Kunden gegenüber auch offen kommunizieren. Sie sollten ihnen jedoch nicht raten, das Schiff überstürzt zu verlassen. Es wird an Fahrt verlieren, aber nicht mit Mann und Maus untergehen.


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