Die Meldung kam selbst für gut informierte Marktteilnehmer überraschend. Kein Wunder, denn die Ernennung von Rolf Schünemann zum Vorstandvorsitzenden der BCA und die gleichzeitige Freistellung von Oliver Lang nach mehr als sechs Jahren als Vertriebs- und Investmentvorstand des Unternehmens hatte sicher niemand auf dem Schirm.

Der Personalwechsel kommt nämlich aus gleich mehreren Gründen unerwartet. Das zeigt zum einen der nüchterne Blick auf Zahlen. Der vor wenigen Wochen veröffentlichte Geschäftsbericht für das vergangene Jahr beweist, dass der Turnaround gelungen ist (FONDS professionell ONLINE berichtete). So gut wie 2016 lief es seit acht Jahren nicht mehr. Unter Langs Mitwirken wurden zudem die Schulden des Unternehmens komplett abgebaut, außerdem ist der Cashflow der BCA seit 2014 positiv – das Unternehmen konnte sogar Liquidität aufbauen.

Von guten Zahlen einmal abgesehen: Ein vierter Platz beim Service-Award in der Kategorie Maklerpools beim diesjährigen FONDS professionell KONGRESS in Mannheim zeigt, dass die Oberurseler sich gerade wieder eine deutlich über dem Durchschnitt liegende Position unter den Service-Anbietern für IFAs hatten erarbeiten können.

Die wahren Gründe für die Personalentscheidung bleiben im Dunkeln
Von außen betrachtet ist also kein Grund zu erkennen, einen insgesamt durchaus erfolgreichen Vorstand wie Lang vor die Tür zu setzen. Dass der Abschied nicht ganz freiwillig geschah, ist offensichtlich, schließlich hatte Lang seinen Vertrag bei der BCA erst vor rund einem halben Jahr verlängert. Stutzig macht mit Blick auf die positive Entwicklung des Unternehmens auch der extrem knappe Hinweis zu Langs Freistellung: "Oliver Lang scheidet aus dem Unternehmen aus. Der Aufsichtsrat dankt Herrn Lang für seine Tätigkeit." Mehr an Begründung war bisher vom Oberurseler Maklerpool nicht zu erfahren, abgesehen von dem Hinweis, der gesamte Aufsichtsrat stehe hinter dem neu formierten Vorstand.

Dass Rolf Schünemann über eine gehörige Portion Erfahrung in der Finanzdienstleistungsbranche verfügt, bezweifelt niemand. Der 55-jährige Betriebswirt hatte in den vergangenen 30 Jahren eine Reihe von Führungspositionen bei diversen Versicherern inne, zuletzt war er bis September 2016 Vertriebsvorstand der LV 1871 in München. Warum er diesen Posten allerdings nach fast sieben Jahren recht abrupt verlassen hat, ist bis heute nicht wirklich klar geworden. Damals war in einer knappen Notiz des Unternehmens von der üblichen "Trennung im gegenseitigen Einvernehmen" die Rede – eine Formulierung, von der jeder weiß, dass die Trennung vielleicht einvernehmlich, aber in vielen Fällen alles andere als harmonisch verlief.

Die BCA im Rückwärtsgang?
Offenbar verfügt Schünemann aber über nach wie vor gute Drähte in die Versicherungswirtschaft hinein. Das würde zumindest erklären, warum ein Assekuranz-Gewächs wie Schünemann nicht nur die Aufgaben eines Investmentvorstands bei der BCA übernimmt, sondern auch noch gleich zum Chef des insgesamt dreiköpfigen Leitungsgremiums – Frank Ulbricht und Christina Schwartmann bleiben im Vorstand – ernannt wurde.

Die wirklich relevanten Fäden in der BCA werden im Grunde nicht in Oberursel gezogen, sondern in Berlin. Dort hat die Ideal Versicherungsgruppe ihren Sitz. Deren Vorstandschef, Rainer Jacobus, ist Vorsitzender des BCA-Aufsichtsrats. Er ist nicht der einzige aus dem Ideal-Konzern im Aufsichtsgremium. Nachdem unter anderen der ehemalige BCA-Gründer Jens Wüstenbecker sowie Rudolf Reil ihr BCA-Aufsichtsmandat im April niedergelegt hatten, mussten bei der kürzlich abgehaltenen Hauptversammlung insgesamt vier neue Mitglieder in das Aufsichtsgremium gewählt werden. Dabei fiel die Wahl unter anderem auf Wolfgang Müller, Gruppenleiter Recht und Prokurist der Ideal Versicherungsgruppe.

Als Stellvertreter von Jacobus wurde in diesem Zusammenhang Dieter Knörrer bestellt. Er ist geschäftsführender Gesellschafter der BBG Betriebsberatungs GmbH, die die Versicherungsmesse DKM in Dortmund veranstaltet. Damit sitzen im Aufsichtsrat ausschließlich Interessenvertreter der Versicherungswirtschaft, die zudem auch noch jeweils einen nicht zu vernachlässigenden Anteil an dem Unternehmen halten. Bei den fünf Versicherern sind das jeweils knapp zehn Prozent, die BBG hält seit Januar dieses Jahres sogar 46,54 Prozent des Aktienkapitals (Lesen Sie hierzu auch den Kommentar von FONDS professionell-Chefredakteur Bernd Mikosch "Vor welcher Zukunft steht die BCA?").

Bei so viel Versicherungs-Nähe unter Gesellschaftern und Aufsichtsräten ist es nicht erstaunlich, dass sich die BCA offensichtlich dazu genötigt sah, ihr Fonds-Knowhow mit Nachdruck zu betonen. "Eine Kernkompetenz der BCA ist und bleibt der Investmentbereich", heißt es in der Pressemeldung zur jüngsten Personalrochade. Angesichts der aktuellen Entwicklung wirkt das eher wie das Pfeifen im Walde.

Nicht die alten Fehler wiederholen!
Wer nicht erst seit gestern in dieser Branche arbeitet, der kann sich noch lebhaft daran erinnern, dass die BCA schon einmal im Verdacht stand, nicht nur zu einem vornehmlich auf das Versicherungsgeschäft ausgerichteten Pool zu werden, sondern auch ihre Unabhängigkeit aufs Spiel zu setzen (lesen Sie hierzu beispielsweise die Artikel "BCA: Vier Versicherer steigen ein" und "Exklusiv-Interview mit Vorstand Michael Keilholz zur Zukunft der BCA" aus dem Sommer 2009 und "BCA Gruppe: Umsätze brechen um 18 Prozent ein - Versicherungsgeschäft wird forciert" aus dem Juni 2010).

In einer Zeit, da dem Versicherungsgeschäft, insbesondere der "Leben"-Sparte, angesichts der aktuellen Zinssituation eine alles andere als eine rosige Zukunft bevorsteht, wäre es mit Sicherheit die falsche Entscheidung, das Investmentgeschäft zu vernachlässigen. Hoffentlich weiß das auch Rolf Schünemann – und nimmt sich die zitierte Aussage zur Kernkompetenz im Investmentbereich auch tatsächlich zu Herzen.