Wohnraum ist knapp. Davon kann jeder ein Lied singen, der in den vergangenen Jahren in die Verlegenheit kam, umziehen zu müssen – womöglich mit Familie und Hund. Und das bisschen Angebot, das es gibt, findet schnell seine Abnehmer, auch zu immer höheren Mieten. Als 2010 das Investmenthaus Wertgrund erstmals einen offenen Immobilienfonds allein mit Wohnimmobilien auflegte, galt sie in der Sachwertbranche dennoch als Exot. Wohnimmobilien schienen viel zu wenig rentierlich, als dass man mit ihnen ein attraktives Investment gestalten könnte.

Diese Meinung hat sich in den vergangenen Jahren allerdings geändert – nicht erst, seitdem Corona Wohninvestments zu Krisengewinnern machte. Anbieter wie Industria Wohnen reklamieren für sich, auch und gerade mit der Investition in bezahlbaren Wohnraum eine nennenswerte Rendite darstellen zu können. Die Zahlen für den offenen Immobilienfonds Fokus Wohnen Deutschland scheinen das Konzept zu bestätigen: Dieser Tage präsentierte Industria Wohnen für das abgelaufene Geschäftsjahr einen Anlageerfolg von fast fünf Prozent.

Jede Projektentwicklung birgt zahlreiche Unwägbarkeiten
Zaubern können die Fondsmanager allerdings auch nicht. Die Schlange, in die sie sich stellen müssten, wenn sie sich am Bestandsmarkt für eine Wohnung interessieren, ist ähnlich lang wie die, von der Mietwillige besagtes Lied singen können. Viele Anbieter offener Immobilienfonds sind daher dazu übergegangen, verstärkt in Projektentwicklungen zu investieren. Mittels Forward-Deal übernimmt ein Fonds auch mal ganze Wohnkomplexe im frühen Stadium, wie jüngst der Hausinvest von Commerz Real: In Jena soll bis 2024 ein Ensemble aus sechs Wohnhäusern mit rund 10.000 Quadratmetern Wohnfläche in 114 Wohnungen entstehen. Der Fonds erwirbt zunächst das Baugrundstück und entrichtet den Kaufpreis dann gemäß Baufortschritt. Andere Anbieter gehen ähnlich vor.

Das klingt nach einer cleveren Strategie. Allerdings müssen sich Anleger bewusst sein, dass jede Projektentwicklung zahlreiche Unwägbarkeiten birgt. Lässt sich ein Portfoliomanager auf viele solcher Vorhaben ein, ändert sich das Risikoprofil seines Fonds. Wenn in den Verkaufsunterlagen dann von einer steigenden Quote der Nutzungsart "Wohnen" die Rede ist, klingt das zwar nach einer sicheren, soliden Anlage. Ob die Risiken aber wirklich geringer sind als bei klassischen Büro- oder Hotelinvestments, deren Ruf in der Corona-Pandemie gelitten hat, ist offen.


Wie sich der massive Ausbau der Anteile von Wohnimmobilien in den Portfolios offener Immobilienpublikumsfonds beziffern lässt und welche strategischen Überlegungen die Fondsmanager dazu anstellen, lesen Sie in FONDS professionell 2/2021 ab Seite 206. Angemeldete Leser finden den Beitrag auch hier im E-Magazin.