Ratings sagen längst nicht alles über eine Anleihe aus, erklärt Gregor Taraszow, Portfoliomanager beim Fondsanbieter Bantleon. Das gilt vor allem für den Hochzinsmarkt. Ein Beispiel dafür sind zwei Neuemissionen von Netflix und Travelex: Die Anleihen haben mit B+ beziehungsweise B- ein recht ähnliches Rating. Während Netflix 3,625 Prozent Kupon für zehn Jahre Laufzeit zahlt, muss der Wechselkurs-Dienstleister Travelex allerdings satte acht Prozent für fünf Jahre Laufzeit herausrücken.

Beide Unternehmen haben einen negativen Cashflow. "Aber die Attraktivität der Branche, die Position als Marktführer, die große Marktkapitalisierung und die Chance auf eine Übernahme durch ein anderes Unternehmen machen Netflix trotz des niedrigeren Kupons für Anleger attraktiver", erklärt Taraszow. Die hohe Marktkapitalisierung des Streaming-Anbieters bietet Anlegern einen Sicherheitspuffer. Darüber hinaus ist das Unternehmen nur gering verschuldet.

Geschäftsrisiko ist ausschlaggebend
Im Gegensatz zur Netflix- kann die Travelex-Anleihe vorzeitig vom Emittenten gekündigt werden. Travelex muss außerdem eine Illiquiditätsprämie zahlen, weil das Emissionsvolumen des neuen Papiers bei nur 360 Millionen Euro liegt – im Gegensatz zu 1,3 Milliarden Euro bei Netflix. Alles in allem müsste Travelex ungefähr 1,25 Prozentpunkte mehr Kupon zahlen als Netflix, erklärt der Bantleon-Experte. In der Realität sind es aber wesentlich mehr.

Grund für die Differenz ist das unterschiedliche Geschäftsrisiko: Travelex macht einen deutlich geringeren Umsatz als Netflix. Außerdem ist das Geschäftsmodell des Unternehmens möglicherweise nicht zukunftsfähig, weil immer mehr Kunden ins Internet abwandern. "In Anbetracht dessen ist der negative Cashflow deutlich weniger tolerabel als jener von Netflix", sagt Taraszow. "Der gute Eindruck des Managements kann diese Aspekte nicht aufwiegen, aus denen sich letztlich der deutlich höhere Kupon ableitet." (fp)