Spätschicht in der Bundespolitik: In der Nacht zum Freitag hat die EU-Prospektverordnung den Bundestag passiert. Sie bringt eine große Erleichterung für Unternehmen mit sich, die sich ohne großen Aufwand am Kapitalmarkt frisches Geld besorgen wollen. Denn für öffentliche Emissionen ist bis zu einer Schwelle von acht Millionen Euro künftig kein Prospekt mehr erforderlich. Die Emittenten müssen nur ein dreiseitiges Wertpapier-Informationsblatt erstellen, das die Bafin vor Platzierungsbeginn genehemigen muss.

Um unbedarfte Anleger zu schützen, hat die Bundesregierung Investitionsbarrieren aufgebaut. "Nicht qualifizierte Anleger" dürfen in Angebote ohne Prospekt nur unter einer Bedingung mehr als 1.000 Euro investieren: entweder übersteigt der Investitionsbetrag nicht das Zweifache des monatlichen Nettoeinkommens, oder der Anleger verfügt über ein frei verfügbares Vermögen von mindestens 100.000 Euro. Auf jeden Fall dürfen von einer prospektfreien Emission maximal 10.000 Euro erworben werden.

Crowdfunding-Plattformen fordern noch mehr Freiheiten
Das neue Recht könnte vor allem für so genannte Schwarmfinanzierungen ("Crowdfunding") interessant sein. Sie werden im Vermögensanlagengesetz bereits bevorzugt, sind aber volumensmäßig limitiert. Ein Emittent darf über Vermögensanlagen maximal 2,5 Millionen Euro ohne Veröffentlichung von Prospekten einsammeln, wenn das Fundraising über eine Internetplattform erfolgt. Vermögensanlagen sind unter anderem partiarische Darlehen, Nachrangdarlehen, Genussrechte und Namensschuldverschreibungen.

Dem Bundesverband Crowdfunding gehen die alten und neuen Bestimmungen nicht weit genug. Er fordert, dass die Investitionshürden auf Anlegerebene verringert werden und dass die neue Prospektverordnung nicht nur für Aktiengesellschaften, sondern auch für Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH) geltend gemacht wird. GmbH-Anteile können weiterhin nur bis 100.000 Euro prospektfrei angeboten werden. Schließlich wünscht sich der Verband noch eine Deregulierung beim Vertrieb, um "das Instrument der prospektfreien Wertpapiere praxistauglich zu machen".

Weitere Lockerung möglich
Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion hat angekündigt, dass die Notwendigkeit von Einzelanlageschwellen für Privatanleger und eine Ausweitung der Ausnahme für Crowdinvestments geprüft wird. Das soll aber erst im kommenden Jahr erfolgen. (ae)