Die grundsätzliche Anlagestrategie des milliardenschweren Acatis Value Event Fonds wird sich auch unter dem neuen Management nicht ändern. Das verspricht Johannes Hesche, der das Portfolio seit der plötzlichen Trennung vom bisherigen Fondsberater Gané im Februar verantwortet, im Interview mit FONDS professionell, das in voller Länge in Ausgabe 2/2024 erschienen ist.

Hesches Aussage überrascht nicht, schließlich sollen trotz des Managerwechsels möglichst viele Anleger an Bord gehalten werden. Allerdings hatte Gané ein hauseigenes System zur Unternehmensbewertung entwickelt. Dieses Know-how steckt in den Köpfen der beiden Firmengründer Uwe Rathausky und Henrik Muhle, nicht bei Acatis. Wie kann dann die Rede davon sein, die Anlagestrategie ändere sich nicht?

"Ziel des Fonds bleibt es, aktienähnliche Renditen bei reduzierter Volatilität zu erwirtschaften", sagt Hesche. "Der Weg dorthin wird ähnlich verlaufen, aber nicht absolut gleich." Das könne auch gar nicht anders sein, schließlich hätten zwei unterschiedliche Portfoliomanager immer zwei verschiedene Meinungen. "Dennoch bin ich überzeugt davon, dass sich an der Auswahl der werttreibenden Aktien, die dafür gesorgt haben, dass der Fonds so gut performt hat, wenig bis gar nichts ändern wird", so Hesche. "Wir werden erstens den Fokus auf Absolute-Gewinner-Aktien beibehalten. Und zweitens bleiben wir der Strategie der 'geraden Linie' treu."

"Der Fonds arbeitet mit einer absoluten Renditeerwartung"
Mit der "geraden Linie" meint Hesche die Abkehr von der klassischen Value-Strategie, die nur auf die Unterbewertung einer Aktie abzielt. "Ein solcher Ansatz funktioniert nicht mehr", ist Hesche überzeugt. Er beruft sich auf Charlie Munger, Warren Buffetts im November verstorbenen Kompagnon. Ihm zufolge ist es viel besser, ein wunderbares Unternehmen zu einem fairen Preis zu kaufen als ein mittelprächtiges Unternehmen zu einem wundervollen Preis. "Im Grunde geht es also darum, sich die weltbesten Firmen, die eine hohe Rendite auf das eingesetzte Kapital erwirtschaften, ins Portfolio zu legen und lange investiert zu bleiben", erläutert Hesche.

Bei der Titelauswahl schaut Hesche wie seine Vorgänger auch nur auf die einzelnen Unternehmen. "Das wesentliche Unterscheidungsmerkmal zu anderen Mischfonds ist, dass der Acatis Value Event mit einer absoluten Renditeerwartung arbeitet", erläutert der Portfoliomanager. "Eine Aktie kommt nur in Frage, wenn die erwartbare Rendite mindestens zehn Prozent im Jahr beträgt, und das bei einem bewährten, stabilen Geschäftsmodell. Von einer Anleihe erwarten wir ungefähr sechs Prozent, bei einem guten Rating."

Daraus würden zwei Punkte folgen: "Zum einen haben wir keinen Makroblick, weil wir uns auf die einzelnen Geschäftsmodelle konzentrieren. Und zum anderen wird der Fonds in aller Regel eine signifikante Kasseposition aufweisen, denn man findet schlicht nicht genügend wirklich gute Aktien und Anleihen", sagt Hesche. "Die strategische Cashquote erlaubt es uns, schnell zuzuschlagen, wenn sich eine Möglichkeit bietet."

"Hendrik Leber ist risikoaffiner"
Hesche äußert sich im Interview auch zur Frage, warum Acatis-Chef Hendrik Leber den Fonds nicht selbst übernommen hat – immerhin handelt es sich um das größte Produkt des Hauses. "Der entscheidende Grund wird sein, dass wir unterschiedlich an das Thema Investieren herangehen", erläutert Hesche. "Hendrik Leber ist risikoaffiner, er setzt auch mal auf jüngere Unternehmen, bei denen noch nicht klar ist, ob sie wirklich zu den Gewinnern zählen werden." Er dagegen warte lieber ab, bis klar sei, dass es sich um ein erfolgreiches Unternehmen mit ausgereiftem Geschäftsmodell handele. "Das bietet zwar ein geringeres Renditepotenzial, aber mehr Sicherheit", so Hesche. "Das Naturell des Portfoliomanagers muss zur Strategie des Fonds passen."

Nachdem Hesche den Fonds übernahm, musste er zunächst sehr hohe Abflüsse managen. Als Acatis den Beratervertrag kündigte, lagen fast acht Milliarden Euro im Fonds, mittlerweile liegt das Volumen seit einigen Wochen bei rund 6,5 Milliarden Euro. Der Gané Value Event Fund, dessen Strategie Muhle und Rathausky kurz nach der Kündigung auf ihren bewährten Value-Event-Ansatz umstellten, verwaltet inzwischen gut 600 Millionen Euro.

"Wichtig ist, dass wir nicht nur Abflüsse, sondern jeden Tag auch Zuflüsse verzeichnen, unter anderem aus Sparplänen und Versicherungspolicen", sagt Hesche. "In vielen Gesprächen mit Kunden habe ich gehört, dass sie nun zunächst abwarten möchten, wie sich die Performance entwickelt." Die täglichen Abflüsse seien in den einstelligen Millionenbereich gefallen. Er könne sich vorstellen, dass sich Zu- und Abflüsse ab August die Waage halten – versprechen kann er das natürlich nicht. "Ich versuche mich auf das zu konzentrieren, was ich beeinflussen kann, zu erklären, was hinter meinen Ideen steht, und um Vertrauen zu werben. Ich kann allerdings keinen Kunden von seiner individuellen Entscheidung abhalten." (bm)


Das vollständige Interview mit Johannes Hesche ist in FONDS professionell 2/2024 ab Seite 166 erschienen. Angemeldete Nutzer können den Beitrag auch hier im E-Magazin abrufen.