Der US-Asset-Manager Invesco bringt in Deutschland eine Lösung für Banken und Versicherer auf den Markt, mit der sie ihren Kunden im Breitengeschäft ohne großen Beratungsaufwand personalisierte Anlageportfolios anbieten können sollen. "In den USA erfreuen sich solche Model Portfolio Solutions, kurz MPS, schon großer Beliebtheit, auch in Großbritannien bieten wir sie bereits an", sagte Sascha Specketer, der den Invesco-Vertrieb in der DACH-Region leitet, im Gespräch mit FONDS professionell ONLINE. "Jetzt holen wir die MPS-Lösungen nach Deutschland."

Specketer zufolge befindet sich Invesco bereits in Gesprächen mit mehreren Banken und Versicherern. Zur Frage, um welche Unternehmen es sich handelt und in welchem Zeitraum eine Umsetzung realistisch wäre, wollte er sich nicht äußern. "Ich bin aber fest davon überzeugt, dass sich derartige Konzepte schon in wenigen Jahren auch in Deutschland etabliert haben werden. Eine persönliche Depotberatung wird es dann im Wesentlichen nur noch für vermögende Kunden geben. MPS-Lösungen erlauben es, auch dem Segment darunter individuell konstruierte Portfolios anzubieten."

Ablaufmanagement und Steueroptimierung inklusive
Modellportfolios sind an sich nichts Neues. Viele Banken führen sie, auch im freien Vertrieb finden sich mehrere Angebote. In der Regel handelt es sich dabei um eine einstellige Zahl an Portfolios mit diversen Fonds oder ETFs, die verschiedenen Risikoprofilen gerecht werden sollen. Die Umsetzung erfolgt im Zuge einer Anlageberatung oder einer standardisierten Fonds-Vermögensverwaltung.

"Das hat mit den modernen MPS-Lösungen, über die wir uns unterhalten, allerdings wenig gemein", sagt Specketer. "In unserem Modell lassen sich zahlreiche individuelle Präferenzen festlegen, sodass wir eher von 100 bis 200 unterschiedlichen Portfolios reden." So sei es etwa möglich, bestimmte Sektoren auszuschließen, einzelne Investmentthemen zu betonen oder verschiedene Vorstellungen von Nachhaltigkeit umzusetzen. Hinzu kommen ein kundenindividuelles Reporting und verschiedene Optionen für das Ablaufmanagement, wenn es also beispielsweise darum geht, aus dem Depot ein regelmäßiges Einkommen zu erzielen. Auch eine steuerliche Optimierung soll möglich sein. Darunter fällt zum Beispiel der gezielte Verkauf einzelner Positionen, um Verluste aus einem Fonds mit Gewinnen aus einem anderen verrechnen zu können. "Ein vergleichbares Angebot gibt es unseres Wissens auf dem hiesigen Markt noch nicht – das spiegeln uns auch unsere Ansprechpartner aus den Banken und bei den Versicherern", so Specketer.

"Der Kundenwunsch hat sich geändert"
Und warum der ganze Aufwand? "Der Kundenwunsch hat sich geändert", betont der Invesco-Vertriebsleiter. "Wir sprechen mit unserem Tool insbesondere Anleger der Generation X und Z an. Diese Zielgruppe erwartet ein digitalisiertes, zugleich aber personalisiertes Angebot." Wenn man diese Kunden zunächst zwar nach verschiedenen Kriterien einstufe, ihnen dann aber doch nur eines von drei Standardprodukten empfehle, führe das schnell zu Enttäuschungen. "Die Zeit der klassischen Multi-Asset-Fonds ist vorbei, denn mit ihnen lassen sich die Bedürfnisse vieler Kunden nicht mehr erfüllen", ist Specketer überzeugt.

In den Dutzenden Modellportfolios von Invesco können hauseigene Fonds und ETFs, aber auch Produkte von Drittanbietern zum Einsatz kommen. "Wenn eine Bank beispielsweise ein eigenes Fondsresearch hat, können dessen Empfehlungen als Anlageuniversum unserer Portfolios dienen", so Specketer. Ähnlich ist es bei den Versicherern. "Wir können die Portfolios auf Wunsch nur mit Fonds bestücken, die die Versicherung bereits vorselektiert hat." Perspektivisch sei auch denkbar, statt mit Fonds mit Einzeltiteln zu arbeiten.

Abschied vom Kerngeschäft?
Entscheidet sich ein Kunde für eine MPS-Lösung, muss er kein neues Depot eröffnen. Vielmehr nimmt Invesco als Finanzportfolioverwalter die Transaktionen im bestehenden Depot vor. Voraussetzung dafür ist eine entsprechende Schnittstelle zur IT der depotführenden Stelle, die meist alles andere als leicht zu programmieren ist.

Entfernt sich Invesco mit diesem Angebot nicht weit von der eigentlichen Kernkompetenz, dem Asset Management? "Unser Kerngeschäft bleibt nach wie vor die Vermögensverwaltung", betont Specketer. "Doch die Anforderungen an einen Asset Manager haben sich gewandelt. Heute geht es insbesondere auch darum, dem Vertriebspartner bei technologischen Lösungen zu helfen."

Britische Finanzberater setzen die Modellportfolios schon ein
Praktische MPS-Erfahrungen sammelte Invesco unter anderem in Großbritannien. Dort kooperiert der Asset Manager allerdings nicht mit Banken oder Versicherern, sondern hat die Modellportfolios in "Intelliflo" integriert, einer Software für unabhängige Finanzberater, über die Firmenangaben zufolge mehr als 600 Milliarden US-Dollar administriert werden. "Das Segment Modellportfolios wächst sehr schnell", berichtet Specketer. Auf ein ähnlich rasches Wachstum hofft das Unternehmen hierzulande. (bm)


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