Der nordrhein-westfälische Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) streitet sich mit Banken um totes Kapitas – genauer gesagt: um das Geld Verstorbener. Walter-Borjans schätzt, dass bundesweit zirka zwei Milliarden Euro "herrenlos" auf Konten liegen, weil deren Besitzer längst verstorben sind. Milliarden, von denen niemand weiß, weil es entweder keine Erben gibt oder weil diese nicht über das Erbe informiert wurden. Diese Milliarden will Walter-Borjans heben und die Banken deshalb dazu verpflichten, alles in ihrer Macht Stehende zu unternehmen, um die rechtmäßigen Eigentümer des Geldes zu finden. Denn genau das tun die Geldinstute aus seiner Sicht nur sehr unwillig.

Bislang bleibt das Vermögen bei der Bank, wenn diese keinen Erben finden – oder gar nicht akribisch nach ihnen sucht, wie der Politiker ätzt. Er wirft den Geldhäusern vor, mit dem Geld Verstorbener ihre Kapitalbasis zu stärken. "Es kann nicht sein, dass Banken Geld bunkern, das ihnen nicht zusteht", sagte Walter-Borjans der Agentur dpa zufolge.

Bankenverband wehrt sich
Der Bundesverband deutscher Banken sieht indes keinen Nachbesserungsbedarf. Die bestehende Praxis reiche völlig aus. Würden etwa Kontostand-Mitteilungen als unzustellbar zurückgesandt, stelle jedes Kreditinstitut von sich aus Nachforschungen an, schildert der Verband in einer Mitteilung. Lasse sich dauerhaft kein Kundenkontakt herstellen, "wird das Vermögen in jedem Fall für den Kunden erhalten". Die Bank sei nicht Eigentümerin eines nachrichtenlosen Kontos, und die Politik solle nicht den Eindruck erwecken, der Schutz von Vermögenswerten stehe "in ihrem Belieben".

Erbenermittler fordern Nachbesserungen
Der Verband Deutscher Erbenermittler (VDEE) widerspricht und fordert seinerseits schnelle Nachbesserungen. So bemängelt er etwa, dass es in Deutschland noch kein zentrales Melderegister für derart herrenlose "Geisterkonten" gibt, wie es in den meisten anderen europäischen Ländern der Fall ist. Mit einem öffentlich zugänglichen Registrierungssystem könnten mutmaßliche Erben selbst Nachforschungen anstellen, meint VDEE-Sprecher Albrecht Basse.

Derzeit sei es Erbenermittlern oder Nachlasspflegern nicht möglich, gesicherte Informationen über den vollen Umfang von Vermögenswerten bei Banken zu erhalten. Und das Problem werde in den kommenden Jahren noch zunehmen, glaubt Basse. "Früher ist man beim Hausausräumen der verstorbenen Großeltern noch auf das alte Sparbuch gestoßen. Aber in Zeiten der zunehmenden Online-Konten fällt Kindern und Enkeln bald nicht mehr viel in die Hände." (fp/ps)