Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat am Dienstag die offiziellen Eckpunkte des Hilfspakets für die Lebensversicherer vorgestellt. Das "Lebensversicherungsreformgesetz" sieht unter anderem eine Absenkung der Vertriebs- und Abschlusskosten vor, die stärker als bislang berichtet ausfallen soll. Weiterhin sollen die Bewertungs- und zusätzlichen Eingriffsbefugnisse der Bundesanstalt für Finanzdienstleitungsaufsicht (Bafin) ausgeweitet werden, der für Anleger wichtige Garantiezins soll heruntergesetzt werden und die Ausschüttungen der Bewertungsreserven können flexibel erfolgen. Von Seiten der Verbände gab es sowohl harsche Kriitk wie auch Zustimmung zu den Plänen.

Hintergrund der Hilfestellungen sind die niedrigen Zinsen, die es den Versicherern immer mehr erschweren, ihre vertraglich garantierten Verpflichtungen zu erfüllen. Das Maßnahmenpaket soll daher zur Stabilisierung des gesamten Lebensversicherungssektors in Deutschland beitragen. Ziel sei es, ungerechtfertigte Mittelabflüsse aus dem Vermögen der Lebensversicherer zu unterbinden und so sicherzustellen, dass die Mittel weiterhin zur Erfüllung der Ansprüche der Versicherungsnehmer zur Verfügung stehen, wie es in einem Papier des BMF heißt, das der parlamentarische Finanzstaatssekretär Michael Meister am Dienstag in Berlin Vertretern der Presse vorgestellt hat und das auch FONDS professionell ONLINE vorliegt. Erste Details der Regierungspläne waren Anfang März bekannt geworden.

Der Gesetzentwurf soll bereits in der ersten Juni-Woche vom Bundeskabinett beschlossen werden. Anschließend könnte das Gesetz nach Medienmeldungen noch im Juni oder Juli vom Bundestag und Bundesrat vor der parlamentarischen Sommerpause verabschiedet werden.

Höchstgrenze der Zillmerung bei 25 Promille
Die Eckpunkte des neuen Gesetzes sehen laut dem Papier des BMF allgemein vor, dass für Versicherer durch eine verringerte bilanzielle Anrechenbarkeit der Abschlusskosten Anreize geschaffen werden, ihre Abschlusskosten zu senken. Eine Deckelung der Vertriebsprovisionen bei 3,0 oder 3,5 Prozent ist zwar nicht vorgesehen. Konkret plant der Gesetzgeber aber eine Höchstgrenze für die Zillmerung bei Lebenspolicen von 25 Promille der Prämien, wie FONDS professionell ONLINE aus Regierungskreisen erfuhr. Wird diese Zahl nicht durch das Parlament gekippt, können die Versicherer in ihren Bilanzen also nur noch 2,5 Prozent der Beitragssumme als Vertriebs- und Abschlusskosten geltend machen. Entsprechend unattraktiv wird es für sie, höhere Provisionen zu bezahlen – auch wenn das prinzipiell möglich ist. Überdies soll die Transparenz der Versicherungsprodukte im Bereich der Abschluss- und Verwaltungskosten verbessert werden.

Flexible Ausschüttung von Bewertungsreserven
Bei dem wichtigen Thema der Bewertungsreserven bei festverzinslichen Wertpapieren sieht das Gesetzespaket vor, dass die Lebensversicherer die Ausschüttung flexibel handhaben können, abhängig von ihrer finanziellen Gesamtlage. Wie das BMF schreibt, hat die Sicherung der Garantiezusagen unter Berücksichtigung der aktuellen Kapitalmarktzinsen Vorrang. Damit dürfen bzw. müssen die Lebensversicherer bei Ende oder Kündigung eines Vertrages die Beteiligung eines Kunden an den Bewertungsreserven auf den Teil begrenzen, der nicht zur Finanzierung der Garantien benötigt wird. Steigen die Kapitalmarktzinsen wieder, entfällt die Begrenzung. Eine weitere bittere Pille für Versicherungsnehmer – neben der gesunkenen Beteiligung an den Bewertungsreserven – ist die Senkung des Garantiezinses von derzeit 1,75 Prozent auf nur noch 1,25 Prozent ab dem 1. Januar 2015.

Auf der anderen Seite müssen auch die Unternehmen ihren Beitrag leisten. Dazu gehört, dass die Aktionäre der Lebensversicherer in dem Maße auf Ausschüttungen verzichten sollen, wie die Garantiezusagen nicht ausfinanziert sind. Weiterhin ist geplant, die Beteiligung der Versicherungsnehmer an den Risikoüberschüssen von 75 auf 90 Prozent anzuheben.

Mehr Befugnisse für die Bafin
Weil der Gesetzgeber zudem möchte, dass die Versicherungsunternehmen stärker als bisher selbständig Vorsorgemaßnahmen ergreifen, werden die Befugnisse der Bafin ausgeweitet. Die Bonner Behörde soll mehr Rechte erhalten, wenn ein Versicherer in eine Krise gerät. Zudem soll das Aufsichtsrecht dahin gehend geändert werden, dass Versicherer mehrjährige Prognoserechnungen aufstellen müssen.

Scharfe Kritik von GDV – Zustimmung vom AfW
Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) geht mit dem Gesetzentwurf der Regierung hart ins Gericht. Der Verband hält es für unmöglich, die vorgesehenen Änderungen bis zum 1. Januar 2015 umzusetzen. Zudem schieße die generelle Ausschüttungssperre völlig über das Ziel hinaus, so der GDV in einem ersten Statement. Ebenso wendet er sich gegen die Eingriffe in die Bilanzierung der Vertriebs- und Abschlusskosten (Höchstzillmersatz), welche aus seiner Sicht eine einseitige Wettbewerbsverzerrung zu Lasten der Versicherungswirtschaft bedeuten würden.

Dagegen hat der AfW Bundesverband Finanzdienstleistung begrüßt, dass es zu keiner Deckelung der Abschlussprovisionen für Lebensversicherungen kommen wird. In einer Pressemitteilung betont der Verband, dass er sich immer dafür eingesetzt hat, dass die Höhe von Provisionen / Courtagen durch den Markt geregelt werden müssen und ein staatlicher Eingriff ordnungspolitisch falsch wäre. "Zwar können die Abschlusskosten nun bilanziell geringer geltend gemacht werden, dennoch bleibt die Marktwirtschaft erhalten. Denn jeder Versicherer kann weiterhin selbst entscheiden, wie er seine Vergütungspolitik gestaltet", analysiert AfW Vorstand Frank Rottenbacher den Gesetzentwurf nach einer ersten Sichtung. "Eine faire und angemessene Vergütung für Makler bleibt somit möglich. Das ist im Interesse der Makler, aber auch der Verbraucher, in dessen Lager der Makler ja steht", so Rottenbacher weiter.

Der AfW weist zudem darauf hin, dass bei einer ersten Durchsicht des 35seitigen PDFs mit dem Gesetzentwurf  das Thema Verlängerung der Stornohaftung nicht zu finden sei. Dass dieser Punkt entfallen sei entspreche der AfW-Position, dass Maklern und Vermittlern keine noch größere Unsicherheit aufgebürdet werden kann. (jb)