Der Plan war ehrgeizig: Vor gut fünf Jahren traten der ehemalige Investmentbanker Leonhard "Lenny" Fischer, sein Jugendfreund und Ex-Bild-Chef Kai Diekmann sowie Greiff-Capital-Vorstand Volker Schilling an, mit dem Zukunftsfonds den aktienmuffeligen Deutschen das Kapitalmarktsparen näher zu bringen. Der große Vertriebserfolg blieb bislang aus. Das Volumen hangelte sich von 15 Millionen Euro zum Start auf etwas mehr als 30 Millionen hoch.

Demgegenüber fuhren die Portfoliolenker unter der Ägide des ehemaligen Dresdner-Bank-Vorstands Fischer eine vorzeigbare Wertentwicklung ein. Insbesondere in Krisenphasen hebt sich der Zukunftsfonds vom Konkurrenzfeld der defensiv ausgerichteten Mischfonds ab. Mit dem Corona-Crash sowie dem gleichzeitigen Verfall bei Aktien und Anleihen im Zuge des russischen Einmarschs in der Ukraine und der Zinswende erlebte das Portfolio zwei große Kapitalmarktzerwürfnisse in seiner Karriere.

Wie die Manager den Fonds durch die jüngste Krise navigierten und welche grundlegenden Annahmen hinter der Ausrichtung des Portfolios stehen, erläutert Fischer im Interview mit FONDS professionell ONLINE. Das Gespräch wurde bereits geführt, bevor der Rückzug von Anton Voglmaier als Geschäftsführer der Deutschen Fondsgesellschaft (DFG) bekannt wurde, Die DFG steht hinter dem Zukunftsfonds. Voglmaier hatte zu seinem Rücktritt auf Äußerungen von Fischer in einem Interview mit der "Welt" verwiesen.


Herr Fischer, wie steuerten Sie den Zukunftsfonds durch die Marktturbulenzen der vergangenen Jahre?

Leonhard Fischer: Wir richten unsere Entscheidungen nicht nach dem klassischen Risikomodell aus. Vielmehr drehen wir praktisch den Value-At-Risk-Ansatz auf den Kopf. Denn wir gehen von der Hypothese aus, dass Geldanleger nicht in einer Ära der freien, sondern in einer der manipulierten Märkte agieren. In diesem Umfeld besteht ein permanentes Ungleichgewicht, dass sich immer wieder entlädt. So kam es etwa im Zuge der Corona-Pandemie, von Energiekrise und Ukraine-Krieg sowie der Bankenturbulenzen zu solchen Entladungen, die mal größer und mal kleiner ausfielen. Wir rechnen daher damit, dass es nach Phasen geringer Volatilität an den Märkten zwangsläufig immer wieder zu solchen Eruptionen kommen wird.

Das hört sich an, als würden Sie von ständigen Krisen ausgehen.

Fischer: Nein, wird sind keine Bären-Fondsmanager, die den Weltuntergang prophezeien und auf den nächsten Crash warten. Das Finanzsystem ist einfach instabil geworden. Wir sagen nicht, dass das System kollabiert, sondern nur, dass es von den Zentralbanken manipuliert ist. Wir gehen daher davon aus, dass wiederkehrende Einbrüche zur Normalität geworden sind, die von den Währungshütern immer wieder gekittet werden.

Wie sichern Sie sich gegen solche Kurseinbrüche ab?

Fischer: Unsere These lautet, dass die klassischen Korrelationen nicht mehr gelten. Der Großteil der Marktteilnehmer denkt und handelt in denselben Bahnen. Daher sind weite Teile des Finanzmarkts über nahezu alle Anlageklassen hinweg hochgradig zueinander korreliert. Das Aktienrisiko sichern wir nicht über Optionen ab, sondern über den Anleihenmarkt. So sind wir den Bund-Future massiv Short gegangen. Damit haben wir für den Fonds viel Geld verdient.

Welche weiteren Sicherungsinstrumente nutzen Sie?

Fischer: Gold dient zudem als Diversifikation im Portfolio. Daneben besitzen wir auch Kryptowährungen. Da wir mit unserem Fonds jedoch ein sehr defensives Risikoprofil versprechen, gehen wir hier nur eine sehr überschaubare Gewichtung ein. Es stecken höchstens ein bis zwei Prozent in Bitcoin- und Ethereum-Zertifikaten. Durch die hohe Volatilität dieser Währungen macht sich aber durchaus ein Effekt im Portfolio bemerkbar.

Glauben Sie an eine große Zukunft der Kryptowährungen?

Fischer: Die Finanzgeldordnung befindet sich im Fluss. Anders jedoch als viele Auguren erlauben wir uns kein Prophetendasein. Wir haben genauso wenig eine Ahnung, wie das ausgeht, wie irgendjemand anders. Wer weiß schon, ob der US-Dollar in zehn Jahren noch seine Rolle als Leitwährung einnehmen wird? Aber wir sind der festen Überzeugung, dass sich das Finanzsystem ändern wird – und zwar massiv. Daneben investieren wir auch in Rohstoffe. Dabei mögen wir etwa Minenbetreiber von Uran oder Kupfer. Auch Holz decken wir über Aktien ab.


Mit welchen Schritten das Gründungsteam des Zukunftsfonds den Absatz ankurbeln will und welche anderen Anbieter mit unorthodoxen Vertriebsmethoden Millionen einsammelten, lesen Sie in Ausgabe 2/2023 von FONDS professionell ab Seite 362. Angemeldete Nutzer finden den Artikel auch hier im E-Magazin.


Zum Start des Zukunftsfonds kündigten Sie den Einsatz von künstlicher Intelligenz und Algorithmen bei der Portfoliokonstruktion an. Was ist aus diesem Vorhaben geworden?

Fischer: Der Einsatz von künstlicher Intelligenz ist nicht weiter vorangeschritten. Wir hatten diese Idee, konnten aber bei unserer Suche nach geeigneten Programmen keine guten Ergebnisse finden. Die Algorithmen, die heute im Asset Management verwandt werden, stecken entweder in einem sehr experimentellen Stadium oder es handelt sich um recht statische Systeme. Wir suchten hingegen nach echten Alternativen, denn wir lehnen ja die klassischen Risikomanagementmodelle ab. Wir tun daher gut daran, erstmal die Entwicklung zu beobachten. Der Fortschritt in diesem Bereich ist gerade ja enorm. Vielleicht eröffnen sich ja bald bessere Optionen.

Die meisten Mischfonds taten sich in den vergangenen Monaten schwer, die Inflation zu übertreffen. Wird dies angesichts der Zinswende künftig besser gelingen?

Fischer: Die Aufgabe für Geldverwalter, in den nächsten Jahren real Zinsen zu erwirtschaften, ist gigantisch. Die Inflation dürfte zwar fallen, aber sich auf einem Niveau von drei bis fünf Prozent einpendeln. Die langfristigen Kapitalmarktrenditen werden kaum darüber liegen. Hier eine Lösung zu finden, wird schwer. Das ist die große Herausforderung überhaupt. Bei Multi-Asset geht es künftig nur noch um Kapitalerhalt und nicht mehr um Kapitalvermehrung – real betrachtet. Gleichwohl haben wir beim Start des Zukunftsfonds vor fünf Jahren versprochen, das Geld der Anleger zu bewahren. Das ist uns auch gelungen.

Trotz dieser Performance konnten Sie aber bislang keine großen Mittelzuflüsse anziehen.

Fischer: Wir hatten die These, dass angesichts der Niedrigzinswelt das Kapitalmarktsparen an Fahrt gewinnt und über den digitalen Weg ein Pull-Vertrieb entsteht. Dies hat sich bislang zwar noch nicht so bewahrheitet. Aber das heißt ja nicht, dass sich das nicht noch ändern kann.

Warum nimmt Ihrer Meinung nach der digitale Fondsvertrieb keine Fahrt auf?

Fischer: In Deutschland haben wir das Problem, dass wir ein kartellähnliches System haben. Die großen Fondsvertriebe sind zugleich auch die Besitzer der wichtigsten Asset Manager. Die Anbieter können also im Grunde performancebefreit verkaufen. Das ist in den angelsächsischen Ländern inzwischen undenkbar. Ich halte es für ein strukturelles Problem in Kontinentaleuropa, dass die Provision vom Anbieter an die Vertriebe fließt. Eigentlich müsste die Vergütung zwischen Bank und Kunden ausgehandelt werden und der Fonds gar nichts damit zu tun haben. Dieses System wird irgendwann in die Hose gehen.

Warum?

Fischer: Wir halten es derzeit schon für schwer, ein akzeptables Risiko-Rendite-Profil zu bieten. Viele Anbieter sind jedoch mit hohen Kosten in einem Umfeld unterwegs, in dem man knapp kalkulieren muss. Die Vertriebsgebühren stehen in keiner Relation zur Wertschöpfung. Das ist ja auch der Grund, warum ETFs immer mehr überhand nehmen. Aktive Fonds fallen nicht wegen der Kosten des aktiven Managements zurück, sondern wegen der Vertriebsgebühren.

Vielen Dank für das Gespräch. (ert)