Die Ratingagentur Assekurata hat keine guten Nachrichten für Lebensversicherer und ihre Kunden. Die niedrigen Zinsen werden die Leistungen für die Versicherungsnehmer noch weiter reduzieren, wobei dieser Effekt durch die Zinszusatzreserve (ZZR) noch verstärkt wird. Das zwinge immer mehr Lebensversicherer zu einer Neuausrichtung ihres Geschäftsmodells, was auch zu einem erhöhten Beratungsbedarf führen dürfte, schreibt die in Köln ansässige Gesellschaft in ihrem Marktausblick 2016.

Laut Assekurata könnte die ZZR, die 2011 als Rückstellung für die Garantiezusagen bei Lebenspolicen eingeführt wurde, bei einem kontinuierlichen Absacken des Referenzzinses bis zum Jahr 2025 auf unglaubliche 225 Milliarden Euro anwachsen. Das wiederum würde den Spielraum für die Erwirtschaftung von Renditen für Kunden noch weiter einengen. Dazu muss man auf die Berechnung der ZZR schauen: Diese wird aus den Rohüberschüssen eines Versicherers gebildet, sodass durch die erhöhten Aufwendungen für die ZZR weniger für die Neuverträge und deren Renditen übrig bleibt.

14 bis 15 Milliarden Euro im laufenden Jahr
Auch die Berechnungsmethode der Reserve wird von der Assekurata erneut kritisiert. Im Kern erfolgt dies so, dass die Rückstellungen für die Versicherungsverträge nicht auf den gerade bei Altverträgen hohen Garantiezins basieren, sondern auf einem vom Finanzministerium vorgegebenen geringeren Referenzzinssatz. Dieser wiederum hat den zehnjährigen Null-Kupon-Euro-Zinsswapsatz als sogenannten Bezugszins. Der Unterschiedsbetrag zwischen Referenz- und Garantiezins einer Police ist dann als Zinszusatzreserve zu bilanzieren.

Für 2016 schätzt Assekurata, dass dieser Referenzzins bei etwa 2,56 Prozent liegen wird. Damit müssen also für alle Policen, die einen höheren Garantiezins haben, Zinszusatzreserven gebildet werden. Die Ratingagentur beziffert das Nachreservierungsvolumen der Branche für 2016 auf 14 bis 15 Milliarden Euro, was einem neuen Höchstwert bedeuten würde – und die Renditen drückt.

Realistischerer Referenzzinssatz
Abhilfe könnte schaffen, wenn man einen realistischeren Referenzzinssatz heranziehen würde, schlägt etwa Lars Heermann, Bereichsleiter Analyse und Bewertung bei Assekurata vor. Ebenso würde das Absinken des Referenzzinses verlangsamt, wenn statt eines zehnjährigen Durchschnitts ein längerer Zeitraum als Berechnungsbasis diente.

Mehr Beratung nötig
Diesem Trend würden die Versicherer mit Innovationen in der Produktlandschaft begegnen. So sei marktweit ein Trend zu Altersvorsorgeprodukten mit einer flexiblen oder reduzierten Garantieverzinsung zu erkennen. Einige Versicherer haben sich sogar ganz aus dem klassischen Geschäft verabschiedet beziehungsweise fokussieren sich auf kapitalmarktnahe Policen oder auf Biometrieprodukte.

Zwar seien die neu eingeführten Produkte weniger "solvenzmittelfordernd und bieten langfristig die Chance auf höhere Renditen", so Assekurata. Gleichzeitig dürfte die zunehmende Produktvielfalt aufgrund der eingeschränkten Vergleichbarkeit die Kunden zunehmend bei der Auswahl des passenden Produkts überfordern. Ein Produktvergleich anhand nur eines Kriteriums ist nicht zielführend, denn die neuartigen Verträge weisen ganz spezifische, im Detail aber auch sehr unterschiedliche Eigenschaften aufweisen.

Daher müssen sich Kunden verstärkt mit den Merkmalen der Produkte auseinandersetzen. "Dabei dürften insbesondere die weniger investmentaffinen Kunden auf eine qualifizierte Beratung angewiesen sein", schlussfolgert die Ratingagentur. (jb)

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