Neun von 51 Banken, die soeben auf ihre Widerstandsfähigkeit bei nachteiligen ökonomischen Bedingungen wie einer substanziellen Konjunkturabkühlung oder stark sinkenden Immobilienpreisen getestet wurden, brauchen aller Voraussicht nach zusätzliches Kapital. Das hat eine Analyse von "Strategy&", der Strategieberatungssparte der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Pricewaterhouse Coopers (PwC), ergeben.

Die am Freitag veröffentlichten Ergebnisse des Stresstests haben gezeigt, dass die harte Kernkapitalquote bei Eintreten eines sogenannten adversen Szenarios um 3,8 Prozentpunkte zurückgehen würde. Die laut der PwC-Studie zu erwartende Kapitallücke ist somit wesentlich höher als noch beim letzten Stresstest: 16 bis 20 Milliarden Euro gegenüber 4,7 Milliarden Euro.

Kein frisches Geld von Kapitalmärkten
Die Last der Rekapitalisierung werden laut Einschätzung der Experten vor allem die bestehenden Eigenkapitalgeber tragen müssen. "Da die Rendite der europäischen Banken 2015 mit 6,5 Prozent signifikant unter dem Vorkrisenniveau von 15 bis 20 Prozent bleibt, ist zu erwarten, dass die Kapitalmärkte den betroffenen Banken nur zögerlich zusätzliche Finanzierungsmöglichkeiten anbieten werden", sagt Philipp Wackerbeck, Leiter der Financial Services Practice bei Strategy&.

Kapital aufzunehmen alleine sei seiner Meinung nach aber nicht ausreichend. Denn neben den Verlusten aus Kreditrisiken sei vor allem auch ein sich verschärfender Rückgang der Nettozinserträge ausschlaggebend für die schlechten Resultate. "Die Finanzkrise hat das Geschäftsumfeld für Banken grundlegend verändert und stellt noch immer eine fundamentale strategische Herausforderung für traditionelle, bilanzintensive Bankengeschäftsmodelle dar, die stark von Nettozinserträgen abhängig sind."

Reformdruck auf Europas Banken steigt
Angesichts des aktuellen Niedrigzinsumfelds und des daraus resultierenden hohen Drucks auf Nettozinsmargen seien Banken unterm Strich gezwungen, ihre Geschäftsmodelle zu überdenken und andere Ertragsquellen zu erschließen, so die Schlussfolgerung der Strategieberater.

"Mit dem diesjährigen Stresstest erhöhen die europäischen Aufseher den Druck auf die Banken, sich zu reformieren", so Wackerbeck. "Wir beobachten in Italien Banken mit einem hohen Anteil notleidender Kredite in den Bilanzen oder in Irland und Spanien Geldhäuser mit Kapitalelementen, die durch Basel III gerade stufenweise außer Kraft gesetzt werden. Gleichzeitig erwirtschaften diese Banken jedoch nur geringe, nicht nachhaltige Überschüsse – letzteres gilt insbesondere auch in Deutschland." (dw)

Auswirkungen der Stresstests je Land
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Quelle: Strategy&