Viele Anleger hoffen, dass Aktienfonds mit einer Nachhaltigkeits- oder ESG-Strategie indirekt nicht nur die Umwelt schützen oder ausbeuterische Firmen klein halten, sondern auch höhere Renditen erzielen. Die Ratingagentur Scope hat die Probe aufs Exempel gemacht und die Wertentwicklungen von Fonds mit strengen ESG-Anforderungen mit der Performance "herkömmlicher" Portfolios verglichen. Die Antwort, ob die "dunkelgrünen" Vertreter auch aus Rendesicht Vorteile bieten, ist mit einem klaren "Jein" zu beantworten.

Aber von vorne: Die Analyse erstreckt sich auf die Vergleichsgruppen "Aktien Welt" und "Aktien Europa". Sie zeigt laut Scope, dass die dunkelgrünen "ESG-Extremisten", die die hohen Anforderungen von Artikel 9 der EU-Offenlegungsverordnung erfüllen, über drei und fünf Jahre im Mittel besser abgeschnitten haben als die anderen Produkte. Artikel-9-Fonds, die auch als Impact-Fonds bezeichnet werden, gewannen auf Dreijahressicht durchschnittlich 12,3 Prozent (Aktien Welt) und 9,8 Prozent (Aktien Europa) hinzu. Die konventionellen Portfolios steigerten ihren Wert dagegen nur um 11,4 Prozent (Aktien Welt) und 8,3 Prozent (Aktien Europa).

Auf Sicht von zwölf Monaten entwickelten sich Artikel-9-Fonds dagegen wesentlich schlechter als konventionelle Produkte. Sie blieben im Durchschnitt rund 2,5 Prozentpunkte hinter diesen zurück.

So entwickelten sich Artikel-9-Fonds im Vergleich zu konventionellen Produkten

Sektoren-Auswahl schlägt ESG-Kritierien
Die Out- oder Underperformance der Produkte lässt sich Scope zufolge aber weniger mit den unterschiedlichen ESG-Bemühungen der in ihnen enthaltenen Unternehmen erklären als vielmehr mit der sektoralen Ausrichtung der Portfolios: "Impact-Fonds sind häufig kaum im Energiesektor investiert, weil klassische Öl- und Gasunternehmen als wenig nachhaltig gelten. Das hat den Wertzuwachs in den vergangenen zwölf Monaten spürbar gebremst, denn der Energiesektor hat in dieser Zeit gemessen am MSCI World Energy Index um rund 55 Prozent zugelegt", schreiben die Scope-Analysten Andre Härtel und Simone Schieg. Auch die für Artikel-9-Fonds typische Untergewichtung von Titeln aus dem Finanzwesen – Stand Ende Februar einer der renditeträchtigsten Sektoren auf Jahressicht – habe die Entwicklung zuletzt verlangsamt.

Blickt man dagegen auf die langfristige Entwicklung, war das geringe Gewicht von Energie-Aktien für die Artikel-9-Fonds vorteilhaft. Trotz der aktuellen Hausse gewann der Sektor in den vergangenen fünf Jahren nur 2,7 Prozent p.a. hinzu und belegte damit abgeschlagen den letzten Platz aller Branchen. Der langfristigen Entwicklung von Impact-Fonds geholfen hat daneben das Übergewicht der Sektoren Gesundheit, Technologie und Industrie.

Comeback von Growth-Titeln
Für Artikel-9-Fonds war darüber hinaus von Vorteil, dass sie Growth-Titel tendenziell eher bevorzugen: Aktien, die sich diesem Investmentstil zuordnen lassen, haben sich in den vergangenen Jahren oft gut entwickelt. "Zuletzt hat das korrespondierende Untergewicht in Value-Titeln die Fonds-Performance allerdings belastet. Unterbewertete Aktien feierten ein Comeback, an dem die Artikel-9-Fonds im Schnitt weniger stark partizipierten als die übrigen Portfolios", so Härtel und Schieg. (jb)