Mit Öl kann man sich derzeit viele Aktien kaufen. Die hohen Erdölpreise zeigen jedoch langsam ihre Wirkung in Form verminderter Nachfrage. Subventionskürzungen in Schwellenländern werden diesen Effekt verstärken, wie die Kapitalmarktexperten von Swisscanto glauben. Dies dürfte ihnen zufolge auch den vergleichsweise günstig bewerteten Aktien Auftrieb geben. Viele schlechte Nachrichten und ein Gewinnrückgang von 20 Prozent seien bereits eskomptiert.

Für langfristig orientierte Staatsfonds Erdöl produzierender Länder dürfte es Sinn machen, ihre Aktienquoten zu Lasten von Regierungsanleihen zu erhöhen. Zwar wurden viele Aktiencrashs durch geopolitische Spannungen in Erdöl produzierenden Ländern ausgelöst, weshalb damit zu rechnen sei, dass der Erdölpreis seine Versicherungsfunktion auch in Zukunft erfüllen werde. Laut Meinung der Swisscanto Experten sei es jedoch unwahrscheinlich, dass das physische Horten von Öl in den nächsten 35 Jahren nochmals höhere Renditen als der Weltaktienmarkt abwerfen werde. Nur nach dem ersten großen Erdölschock 1973 konnte man noch mehr Aktien pro Barrel Rohöl einkaufen.

Gleichzeitig seien Aktien nach dem jüngsten Kurseinbruch im Vergleich zu Staatsanleihen und dem Geldmarkt äußerst attraktiv, wenn man sich auf die Gewinnschätzungen und die realisierten Gewinne stütze, oder sie seien zumindest bei der Berechnung mit um fast 20 Prozent tieferen Trendgewinnen leicht unterbewertet. Ein rund 20-prozentiger Gewinnrückgang sei somit in den heutigen Kursen bereits mehr als eskomptiert, so die Swisscanto Experten.

Aufgrund der relativ attraktiven Bewertung der Aktien gegenüber Anleihen und gegenüber der (teuren) Strategie, Öl physisch zu horten, sowie der negativen Rollrenditen am kurzen Ende der Erdölkurve, die sich derzeit leicht im Contango befindet, gewichten sie Aktien zu Lasten von Rohstoffen und Cash leicht über.

Abflauender Rohstoffboom als Positivtreiber

Ihnen zufolge würde eine Verlangsamung des Rohstoffbooms den Aktienmärkten unmittelbar in Form von tieferen Inflationsraten und tieferen Inputkosten zu Gute kommen und dürfte eine Erholungsrally auslösen. Die Zentralbanken müssten sich weniger um die Inflationsbekämpfung kümmern, da der Inflationsanstieg sein Maximum erreicht hätte. Damit wäre ihre Munition größer, um gegen die Wirtschaftsabschwächung zu kämpfen.

Zudem stünden die Chancen auf eine weitere Entspannung an den Energiemärkten gut. Die Nachfrage reduzierende Wirkung der hohen Erdölpreise habe begonnen: Viele Airlines reduzieren ihre Kapazität oder mussten dies aufgrund Chapter 11 tun. Die Anzahl stillgelegter Flugzeuge steige. Die Anzahl zurückgelegter Meilen und der Benzinverbrauch in den USA seien rückläufig. Der Verkauf von SUV-Spritmonstern kollabiere, und der Flottenverbrauch von Neuwagen sei massiv tiefer. Es sei nur eine Frage der Zeit, bis die Treibstoff- und Energiesubventionen in diversen Entwicklungsländern wie China, Indonesien, Indien weiter gekürzt würden.

Diese Kürzungen lassen die Verbraucher in diesen Schwellenländern erstmals die Auswirkungen der vergangenen Ölpreisexplosion schmerzhaft spüren und werden nach einigen Quartalen ebenfalls einen Nachfragerückgang auslösen, glauben die Swisscanto Experten. So müssten beispielsweise die Preise für Diesel in Indonesien (China) um 167 Prozent (90%) steigen, um dasselbe Preisniveau wie in den USA zu erreichen. Subventionen in dieser Größenordnung können nicht lange aufrechterhalten werden, da sie den Staatshaushalt ruinieren würden. Die Wirtschaftsabschwächung in den entwickelten Ländern trägt ebenfalls zur Entspannung bei.

Aufgrund der in Krisenfällen (bei Wiederaufflammen des Nahostkonflikts, Verschärfung der Irankrise, Ressourcenzwangsverstaatlichung in Russland und anderen Schwellenländern) negativen Korrelation mit Aktien und anderen Risikopapieren und der Möglichkeit, dass sich der Angebotsschock weiter fortsetzt, fährt das Swisscanto Team jedoch nur ein moderates Untergewicht der Rohstoffe. Grundsätzlich empfehle es sich, einen gewissen Versicherungsschutz gegen adverse Angebotschocks durch Investitionen in Rohstofffonds zuzulegen. Generell dürfte zu viel Geld in Angstanlagen und zu wenig Geld in unterbewerteten riskanten Assets investiert sein. Mit der Stabilisierung der Inflationsraten würden die Stagflationsängste abgebaut, so dass nur noch die Rezessionsängste übrig blieben. (ir)