Einst gründete er Internetunternehmen in Serie. Vor mehr als einem Jahr schlug Jan Beckers dann eine Laufbahn als Fondsberater ein. Mit dem Asset Manager BIT Capital startete er den Global Internet Leaders 30. Der Fonds investiert weltweit in Technologieunternehmen. Mit Gesundheitsaktien haben Beckers und sein Team nur begrenzt zu tun. Doch ausgerechnet in der Coronakrise bewies das Management eine glückliche Hand. Der Global Internet Leaders 30 erlitt weitaus geringere Verluste als andere Technologiefonds und die breiten Aktienmärkte. Beckers erklärt im Interview mit FONDS professionell ONLINE, welche Strategie er und sein Team verfolgen.


Herr Beckers, Ihr Fonds hat den Corona-Crash relativ gut verkraftet. Wie haben Sie das geschafft? 

Jan Beckers: Wir haben die Ausbreitung des Coronavirus und die Folgen sehr ernst genommen – und das augenscheinlich früher als andere. Wir beobachteten schon frühzeitig die Entwicklung in China sehr genau. Denn wir investieren weltweit in Internetunternehmen, auch in chinesische. Wir betreiben ein Büro in Hongkong. Anhand der Ausbreitung in der Volksrepublik konnten wir dann Schlüsse für den Verlauf im Westen ziehen. Wir haben uns daher schon früh die Frage gestellt, welche Unternehmen abgestraft und welche sich gut entwickeln werden. Im Januar richteten wir den asiatischen Teil im Portfolio entsprechend aus, im Februar dann auch den westlichen Teil. Als die Krankheit sich weltweit immer weiter ausbreitete, gingen wir zudem Kursabsicherungsgeschäfte ein.

Wann genau entschlossen Sie sich, das Portfolio zusätzlich abzusichern?

Beckers: Ich saß an einem Sonntag Mitte Februar im Zug und studierte die Fallzahlen rund um die Welt. Mit Blick auf die Lage im Iran wurde mir klar, dass sich die Ausbreitung nicht auf Asien begrenzen würde – und dass wir handeln mussten. Also sicherten wir das Portfolio ab. In der Woche darauf setzten die Kursverluste an den Börsen ein.

Greifen sie öfter zu solchen Absicherungsmaßnahmen?

Beckers: Nein, das ist eine absolute Ausnahme. Wir verfolgen eine klassische Long-only-Strategie. Wir haben zwar Mitarbeiter mit langjähriger Erfahrung im Bereich Hedging und Overlay-Management an Bord, nutzen solche Strategien aber nur in Ausnahmesituationen wie dieser und werden es auch nur in außergewöhnlichen Situationen wieder tun. Normalerweise trifft es Fonds wie unsere besonders hart. Doch das verstehen wir unter aktivem Management: Nicht einfach nur mit dem Markt mitlaufen, sondern durch eine eigene Positionierung einen Mehrwert schaffen und das Vermögen der Kunden bewahren. Durch die Neuausrichtung des Portfolios und das Hedging haben wir in der ersten Krisenwoche nur die Hälfte dessen abbekommen, was uns sonst erwischt hätte. Über die gesamte Krisendauer verzeichneten wir nur sehr geringe Verluste, und unsere Fonds notieren aktuell nur fünf Prozent unterhalb der Höchststände.

Wie genau haben Sie Ihr Portfolio ausgerichtet?

Beckers: Wir verbrachten viel Zeit damit zu prüfen, welche einzelnen Unternehmen profitieren und welche nicht. Das ist ein Aufwand, der sich nun auszahlt. So setzten wir etwa auf den Meal-Kit-Anbieter Hello Fresh. Dieser liefert sogenannte "Kochboxen", also Essenspakete mit vorbereiteten Zutaten, die die Kunden nach Rezept dann selbst zubereiten. Die Nachfrage danach zieht deutlich an. Weiterhin war eine Idee, dass Online-Essenslieferanten wie Lieferando oder Delivery Hero eine höhere Nachfrage verzeichnen würden. Die Erfahrung aus China zeigte aber, dass dies zunächst nicht der Fall war und diese Dienste vielmehr Rückgänge verzeichneten. Auf diese Weise klopften wir jedes einzelne Unternehmen daraufhin ab, ob es zu den echten oder nur zu den vermeintlichen Gewinnern zählen würde.

Welche weitere Entwicklung erwarten Sie?

Beckers: Einige Trends werden langfristig beschleunigt, insbesondere die Digitalisierung in der Arbeitswelt. Bei so einer einschneidenden Krise kommt es allerdings immer auf den Einzelfall an, welche Aktie in welcher Phase besser abschneiden wird. Durch den allgemeinen Kursrückgang an den Märkten wurden auch Unternehmen übermäßig abgestraft, die wir für sehr gut aufgestellt halten. Somit finden wir inzwischen wieder sehr attraktive Ziele.

Vielen Dank für das Gespräch. (ert)