Sparer, die ihr Geld nachhaltig anlegen möchten, sollten ganz genau hinschauen, rät Bettina Bißwanger von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg im Interview mit "Euro am Sonntag". Nach wie vor fehlt es bei ESG-Produkten an Standards, so ihre Kritik. Werbliche Attribute wie "grün" oder "nachhaltig" sind der Verbraucherschützerin zufolge oft nicht nachprüfbar und teilweise irreführend. "Dadurch, dass es keine wirkliche Definition für nachhaltige Investments gibt, ist Greenwashing durchaus sehr verbreitet", sagt sie.

Trotz der Preisaufschläge, die oft für ESG-Anlageprodukte erhoben werden, greifen nach Bißwangers Beobachtung zahlreiche Verbraucher zu, da sie sich von den Begriffen beruhigen lassen. Viele vermuten der Beraterin zufolge hinter nachhaltigen Anlagen Investments in erneuerbare Energien oder vegetarische Produkte, statt Ausschlüsse von beispielsweise Atomkraft oder Waffen, die tatsächlich die Regel sind. Doch selbst wer sich intensiv mit den Anlageprodukten befasst, hat es nicht leicht zu identifizieren, was nachhaltig bedeutet. Zumal auch die Urteile privater Ratingagenturen mit Vorsicht zu genießen sind, wie Bißwanger betont: "Sie haben nicht die Macht, irgendwo Einsicht in die Bücher nehmen zu können. Was noch hinzukommt: Ratingagenturen werden für ihre Ratings bezahlt."

Mehr staatliche Kontrolle gefordert
Um Greenwashing einzudämmen, braucht es eine staatliche, neutrale Stelle, die die Nachhaltigkeitsversprechen der Anbieter wirklich kontrollieren kann, sagt die Verbraucherschützerin. Die bisherigen Schritte, darunter die Einführung der EU-Offenlegungsverordnung, sieht sie als kleinen, aber noch nicht ausreichenden Schritt in die richtige Richtung. Ihr wichtigster Rat an Verbraucher: "Zuerst für sich selbst definieren, was bedeutet Nachhaltigkeit für mich überhaupt?" (fp)