Der Vorstandsvorsitzende von Union Investment, Hans Joachim Reinke, hat sich in einem Interview mit der "Börsen-Zeitung" zu den Hintergründen des zweistelligen Wertabschlags geäußert, den Union Investment Ende Juni für das Portfolio des offenen Immobilienfonds Wohnen ZBI vornehmen musste und eine Perspektive für die Entwicklung des Fonds in den kommenden Jahren aufgezeigt.

Zur Begründung der vorgenommenen Wertberichtigung unterscheidet Reinke zwei Phasen. In der ersten Phase hätten Corona, der Ukraine-Krieg und die historisch einmalige Zinswende für gestiegene Baukosten und einen Stillstand am Transfermarkt für Wohnimmobilien gesorgt. In einer zweiten Phase hätten dann seit Anfang dieses Jahres Anleger ihre Fondsanteile gekündigt, weil sie in anderen Geldanlagemodellen höhere Renditen erzielen konnten.

Der Fonds geriet unter Verkaufsdruck
"Deshalb hat sich für uns die Aufgabe gestellt, Liquidität für die Rücknahmen zu schaffen. Aber: Es gab kein entsprechendes Neugeschäft, und die Möglichkeiten der Fremdkapitalaufnahme sind begrenzt. Also musste der Uniimmo Immobilien verkaufen", beschreibt Reinke den Engpass, in dem sich das Fondsmanagement wiederfand. Weil sich der Wohnimmobilienmarkt aber in den vergangenen zwei Jahren vom Verkäufer- zum Käufermarkt entwickelt hat, sah sich Union Investment damit konfrontiert, dass potenzielle Käufer Abschläge von 25 bis 30 Prozent verlangten.

Diese Abschläge beziehen sich auf den Wert, den regelmäßige Begutachtungen des Immobilienportfolios ergaben. "Aber man darf ja nur oberhalb des Sachverständigenwerts verkaufen oder höchstens fünf Prozent darunter", erläutert Reinke gegenüber der "Börsen-Zeitung". Deswegen musste eine Neubewertung vorgenommen werden, die so weit unterhalb der bis dato festgestellten Werte lag, dass sich Käufer fanden. So ergab sich eine Wertminderung des Gesamtportfolios um 16,7 Prozent.

Auch andere mussten verkaufen – aber nicht abwerten
Reinke spricht gegenüber der "Börsen-Zeitung" allgemein von offenen Wohnimmobilienfonds, die von der von ihm beschriebenen Entwicklung betroffen seien. Tatsächlich mussten auch andere Wohnimmobilienfonds Immobilien verkaufen, um Rückgabewünschen ihrer Anleger entsprechen zu können. So hat etwa der Fokus Wohnen Deutschland kürzlich ein 100-Millionen-Euro-Paket verkauft. Was Reinke allerdings nicht erwähnt, ist, dass der Fokus Wohnen Deutschland deswegen keine Wertberichtigungen vornehmen musste, folglich innerhalb der gesetzlich tolerierten Abweichung vom Gutachterwert verkaufen konnte.

"Wir gehen davon aus, dass die Werteinbußen ab 2026 wieder eingeholt werden", prognostiziert Reinke im Gespräch mit der "Börsen-Zeitung". Schließlich wachse der Wohnungsnotstand weiterhin, und auch die Trends zu mehr Einzelhaushalten und zum Umzug in die Stadt würden anhalten. "Ich habe keinen Zweifel an der Zukunftsträchtigkeit von Investments in Wohnimmobilien. Auch Immobilienfonds werden wieder attraktiv", gibt sich Reinke zuversichtlich. (tw)