Ein vom AfW Bundesverband Finanzdienstleistungen in Auftrag gegebenes Gutachten kommt zu dem Schluss, dass der Entwurf für die geplante EU-Kleinanlegerstrategie in einigen wichtigen Punkten gegen europäisches Recht verstößt. Das betrifft vor allem Passagen, die als Provisionsverbot für Versicherungsmakler bei der Vermittlung von Lebensversicherungen interpretiert werden können – diese seien demnach nichtig. Das geht aus einer Pressemitteilung des AfW hervor.

Zwar hatte der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute (BVK) schon im Juni Entwarnung gegeben, dass die EU-Kommission mit diesen Formulierungen kein Provisionsverbot für die unabhängigen Vermittler im Sinne hat. Der AfW hat dennoch ein Gutachten vom bekannten Versicherungsrechtsexperten Hans-Peter Schwintowski, Professor an der Juristischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin, erstellen lassen.

Umstrittene Änderung der IDD-Richtlinie
Worum geht es genau? Stein des Anstoßes sind die Passagen in dem Gesetzentwurf für die Kleinanlegerstrategie, die auch die Versicherungsvertriebsrichtlinie IDD ändern. Demnach ist in der IDD ein neuer Artikel 30 Absatz 5b (Art. 30 Abs. 5b RL-E) vorgesehen. In diesem heißt es: "Die Mitgliedstaaten schreiben vor, dass ein Versicherungsvermittler oder ein Versicherungsunternehmen, der/das versicherungsbasierte Anlageprodukte vertreibt, und die Kunden informiert, dass die Beratung auf unabhängiger Basis erfolgt, der Versicherungsvermittler oder das Versicherungsunternehmen: (…) (b) keine Gebühren, Provisionen oder andere monetäre oder nichtmonetäre Vorteile annehmen und einbehalten soll, die von einem Dritten oder einer Person, die im Namen eines Dritten handelt, im Zusammenhang mit der Erbringung der Dienstleistung für Kunden gezahlt oder gewährt werden."

Nach Ansicht von Schwintowski ist dies ein Provisionsverbot für deutsche Versicherungsmakler, die gemäß den Formulierungen in Paragraf 59 Absatz 3 Versicherungsvertragsgesetz eben unabhängig beraten. Allerdings ist der Rechtswissenschaftler der Ansicht, dass die Passagen gegen EU-Recht verstoßen. "Es fehlt an einer Kompetenzgrundlage, die diese Regelung legitimiert, da Artikel 62 und 53 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) nicht eingreifen. Die geplante Regelung erleichtert nicht die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit für Versicherungsmakler, sondern erschwert sie ganz erheblich", so Schwintowski. 

Kein freier Wettbewerb
Ferner würden das Kohärenzprinzip (Art. 7 AEUV) sowie die wirtschaftliche Freiheit und der Gleichheitssatz für Gewerbetreibende verletzt. "Versicherungsmakler werden im Wettbewerb gegenüber gebundenen Vertretern massiv benachteiligt und diskriminiert. Damit sind Makler gegenüber gebundenen Vertretern praktisch nicht mehr wettbewerbsfähig", so sein Urteil.

Der AfW fordert daher, diese Passage in dem neu geplanten Artikel 30 Absatz 5b der IDD zu streichen. "Wir erwarten uns eindeutige Unterstützung auch der deutschen Bundesregierung bei diesem Thema. Zustimmung zu einem erwiesen rechtswidrigen Vorschlag der EU-Kommission kann es durch Deutschland nicht geben", so der geschäftsführende Vorstand des AfW, Norman Wirth. "Entscheidend ist aber, dass mit dem Vorschlag die Kleinanleger geschädigt werden und mit ihnen ein ganzer kundenorientierter und qualifizierter Berufsstand – die Versicherungsmakler. Das kann nicht gewollt sein und muss verhindert werden!" (jb)