Der Referentenentwurf für das Umsetzungsgesetz der EU-Vertriebsrichtlinie IDD hat beim AfW Bundesverband Finanzdienstleistung für große Irritation gesorgt. Der Vermittlerverband sieht "einschneidende Eingriffe in das Berufsbild der Makler unter dem fehlgeleiteten Leitbild des Verbraucherschutzes und einen evidentem Verfassungsbruch", wie es in einer Pressemitteilung heißt. In dieser hat der Berliner Rechtsanwalt und geschäftsführende Vorstand des AfW, Norman Wirth, die drei Hauptkritikpunkte des Verbandes zusammengefasst.
 
Provisionsabgabeverbot nur für Versicherungsmakler
Wirth erklärt, dass die erneute Festschreibung des gerade erst vom Oberlandesgericht Köln erneut für unwirksam erklärten Provisionsabgabeverbotes schwerlich als Schaffung von Rechtssicherheit anzusehen sei. "Es gehört nicht viel Fantasie dazu sich vorzustellen, dass auch diese neue Regelung einer gerichtlichen Überprüfung nicht standhalten wird", so der Jurist.

Sollte es tatsächlich zu einer gesetzlichen Neugestaltung des Provisionsabgabeverbotes kommen, sei eine Gleichbehandlung von Versicherungsgesellschaften, Vertrieben und Vermittlern unabdingbar. Derzeit sehe das Gesetz in dem neuen Paragraf 48b Abs. 4 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) jedoch bemerkenswerte Ausnahmen zugunsten des Ausschließlichkeitsvertriebes vor:

"Das Provisionsabgabeverbot findet keine Anwendung, soweit die Zahlung an den Kunden 'zur dauerhaften Leistungserhöhung oder Prämienreduzierung des vermittelten Vertrages verwendet wird'. Beide Ausnahmen dienen ausschließlich der Ermöglichung einer einfachen Umgehung des Provisionsabgabeverbots durch Versicherungsgesellschaften. Versicherungsmakler werden dagegen regelmäßig nicht in der Lage sein, diese Ausnahmetatbestände zu erfüllen."

Wirth ist der Meinung, dass sich ein Blick auf die ähnlich gelagerte Diskussion um die Umsetzung der EU-Finanzmarktrichtlinie Mifid II in deutsches Recht lohne. Dort wurde gerade seitens der Sparkassen durchgesetzt, dass bereits das Vorhalten eines Filialnetzes eine Qualitätserhöhung darstellt – das sogenannte Filialnetzprivileg. Analog könnte das bedeuten: Das Vorhalten eines Agenturnetzes wäre bereits eine Qualitätsverbesserung. Versicherer könnten somit über ihre Ausschließlichkeitsorganisation problemlos Provisionsabgaben beziehungsweise Rabatte gewähren.

Grundgesetzverstoß am Horizont
Der Gesetzesentwurf sieht weiter vor, dass sich Versicherungsmakler für ihre Tätigkeit nur noch durch Versicherungsunternehmen vergüten lassen dürfen, was Wirth ausdrücklich kritisiert, da dies letztlich dem Bild vom Makler als Treuhänder des Kunden widerspricht.

Der Jurist hat darüber hinaus aber noch europarechtliche und "ausdrücklich auch verfassungsrechtliche Bedenken" zu dieser Regelung: Es handele sich hier um einen klaren Eingriff in Artikel 12 Grundgesetz – dem Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb.

Kundenabwerbungsklausel umgangen?
Der aus Sicht des AfW und Wirth für die Versicherungsmakler gefährlichste Punkt des Referentenentwurfs ist aber ein anderer: Gut versteckt fand folgender Wortlaut zu einer Änderung des Paragraf 6 VVG seinen Weg in das IDD-Umsetzungsgesetz: "In Absatz 6 werden nach dem Wort 'anzuwenden' das Komma und die Wörter 'ferner dann nicht, wenn der Vertrag mit dem Versicherungsnehmer von einem Versicherungsmakler vermittelt wird oder wenn es sich um einen Vertrag im Fernabsatz im Sinne des Paragraf 312c des Bürgerlichen Gesetzbuchs handelt' gestrichen", deckt Wirth auf.

Er meint, dass hiermit den Versicherungsunternehmen und ihren Angestellten und Vertretern der Freibrief gegeben werde, mit Hinweis auf die Beratungsobliegenheit nach Paragraf 6 VVG die Kunden der Versicherungsmakler jederzeit direkt anzusprechen. Denn den Versicherern werde nun ins Gesetz geschrieben, dass sie die Pflicht haben, ihre Kunden auch nach Vertragsschluss nach Wünschen und Bedürfnissen zu befragen und sie zu beraten – und zwar auch, wenn der Kunde bereits von einem Makler betreut wird.

Mit Inkrafttreten des Gesetzes in der jetzigen Form müsste also jeder Makler damit rechnen, dass Ausschließlichkeitsvertreter unmittelbar auf die Maklerkunden zugehen, um sie – mit der Möglichkeit der Provisionsabgabe ausgestattet – abzuwerben. (jb)