Der Berliner Rechtsanwalt Norman Wirth warnt Versicherungsvermittler eindringlich: Das Provisionsabgabeverbot gilt offiziell seit Monatsbeginn nicht mehr – allerdings nur für kurze Zeit.

Hintergrund ist das vergangene Woche vom Bundestag verabschiedete nationale Umsetzungsgesetz der EU-Versicherungsvertriebsrichtlinie IDD, das das eigentlich tote Rabattverbot wiederbelebte. Wirth weist aber darauf hin, dass das Verbot nicht erst mit der IDD Ende Februar 2018 in Kraft tritt, sondern nach Verkündung des Gesetzes: "Verkündung heißt Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt", so der Jurist. Das sollte seiner Einschätzung nach in den kommenden Wochen der Fall sein. Zuerst muss das Gesetz aber noch durch den Bundesrat – der Termin für die Beratung in der Länderkammer ist der 7. Juli.

"Das bedeutet, dass derzeit und auf unbestimmte Zeit ein Provisionsabgabeverbot nicht existiert", so Wirth. Er rät Versicherungsvermittlern aber dringend davon ab, deshalb ihre Geschäfts- oder Gebührenmodelle umzustellen. Grund: Es sei nur eine Frage der Zeit, bis das Verbot Gesetzeskraft erlangt. "Was dann mittelfristig die Gerichte daraus machen, steht auf einem anderen Blatt." Schließlich haben Gerichte in der Vergangenheit klargestellt, dass das Verbot letztlich gegen die Regeln für einen freien Wettbewerb verstößt.

Gesetzeslücke für Versicherungsvertreter
Der Jurist betont, dass die Neufassung des Verbotes eine grobe Ungleichbehandlung von Versicherungsgesellschaften, Vertrieben und Vermittlern beinhalte. Das Gesetz sieht im neuen Paragrafen 48b Absatz 4 Versicherungsvertragsgesetz bemerkenswerte Ausnahmen vor. Neben einer für alle geltenden Bagatellgrenze von 15 Euro je Kunde, Vertrag und Jahr heißt es dort: "Das Provisionsabgabeverbot findet keine Anwendung, soweit die Zahlung an den Kunden zur dauerhaften Leistungserhöhung oder Prämienreduzierung des vermittelten Vertrages verwendet wird."

"Diese Ausnahmen können im nennenswerten Umfang voraussichtlich nur von Ausschließlichkeitsorganisiationen wahrgenommen werden. Selbstständigen Versicherungsmaklern wird es absehbar schwer fallen, solche individuellen Vertragsangebote in adäquatem Umfang für ihre Kunden darzustellen", so die Kritik Wirths. (jb)