Viele Bausparkassen kündigen wegen der aktuellen Minizinsen ältere, hochverzinste Bausparverträge. Dagegen setzen sich einige Bankkunden gerichtlich zu Wehr. In der Mehrzahl haben die deutschen Gerichte bislang den Kreditinstituten Recht gegeben. Am 8. November hat sich das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe dagegen auf die Seite des klagenden Bausparers gestellt (FONDS professionell ONLINE berichtete).  

Das OLG folgte nicht der oftmals von Bausparkassen vorgetragenen Argumentation, die sich hinsichtlich der Kündigung auf ein gesetzliches Kündigungsrecht nach Paragraf 489 Absatz 1 Nr. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) berufen: Der Bausparvertrag sei ein Darlehensvertrag mit der Besonderheit, dass Bausparkasse und Bausparer erst mit dem Zeitpunkt der Inanspruchnahme des Bauspardarlehens ihre Rollen als Darlehensgeber und Darlehensnehmer de facto tauschen. Während der Ansparphase sei die Bausparkasse die Darlehensnehmerin – und damit stehe auch ihr das Kündigungsrecht zu.

Kein Kündigunsrecht bei Zuteilungsreife
Die Argumentation der Karlsruher Richter erläutert Rechtsanwalt Jens Reichow von der Kanzlei Jöhnke & Reichow so: "Die Voraussetzungen seien dem Gericht zufolge hierfür nicht erfüllt, da das Darlehen von der Bausparkasse, die in der Ansparphase rechtlich in der Rolle der Darlehensnehmerin ist, nicht 'vollständig empfangen' worden ist. Vollständig empfangen hat eine Bausparkasse das Darlehen nämlich nur dann, wenn die Bausparsumme erreicht ist und nicht bereits dann, wenn der Bausparvertrag zuteilungsreif ist", schreibt der Hamburger Anwalt.

Auch das OLG Stuttgart (Az. 9 U 171/15) vertrat Ende März in einem vergleichbaren Fall diese Rechtsauffassung. Wegen der Brisanz dieser Frage ließ das OLG Karlsruhe in dem von ihm zu entscheidenden Fall ausdrücklich die Revision zum Bundesgerichtshof zu, bei dem auch andere Verfahren anhängig sind. (jb)