Mifid II sieht für Finanzprodukte strenge Überwachungspflichten vor. Diese in die Praxis umzusetzen, ist für Fondsgesellschaften und Vertrieb sehr aufwändig, ist oft zu hören. Doch so schlimm wird es nicht, erklärt Elisabeth Roegele, Chefin der Wertpapieraufsicht bei Bafin, im Gespräch mit FONDS professionell.


Frau Roegele, es ist immer wieder zu hören, die Produktüberwachungspflichten, die Mifid II vorsieht, seien in der Umsetzung sehr aufwändig. Vor allem, weil noch keine Klarheit über die Zielmärkte herrscht. Können Fondsgesellschaft und Vertrieb es schaffen, alle Vorschriften ab dem 3. Januar 2018 einzuhalten?

Elisabeth Rogele: Ja, davon gehe ich aus. ESMA hat in seinen Anfang Oktober konsultierten Guidelines deutlich Position dazu bezogen, wie die Zielmärkte definiert werden müssen. Maßgeblich sollen sechs Kriterien sein: Kundenkategorie, Kenntnisse und Erfahrungen, finanzielle Situation, Risikobereitschaft, Anlageziele, Bedürfnisse des Kunden. In den Guidelines hat ESMA auch Spezialfragen beantwortet, beispielsweise welchen Einfluss Produkteigenschaften wie Komplexität oder Illiquidität auf die Zielmarktbestimmung haben oder welche Unterschiede es zwischen dem Zielmarkt im beratungsfreien und im Beratungsgeschäft gibt. Wenn die Konsultation abgeschlossen ist, hat man noch mehr Klarheit darüber, wie die Kriterien für die Zielmärkte aussehen sollen.

Ähnliche Kriterien hatten auch die deutschen Verbände aufgestellt.

Roegele: Dazu sind wir aktuell mit den Verbänden im Gespräch. Die konkreten Vorstellungen der Verbände werden wir im Zuge der ESMA-Arbeiten auch in der Konsultation noch einmal erhalten. Diese werden bis Anfang Januar ausgewertet, und ESMA entscheidet, ob die Guidelines entsprechend angepasst werden müssen. Die finalen Guidelines werden wir dann im Laufe des nächsten Jahres haben.

Manche Rechtsexperten sind der Ansicht, mit der Product Governance komme eine Herkulesaufgabe auf die Industrie zu. Sehen Sie das nicht so?

Roegele: Die Product Governance ist ein guter und wichtiger Schritt zur Verbesserung des Anlegerschutzes. Produkte können damit anleger- und bedürfnisgerechter konzipiert werden. Es ist sinnvoll, dass sich ein Hersteller darüber Gedanken macht, an wen sich ein Produkt richten soll. Und es ist notwendig, dass zwischen Hersteller und Vertrieb Interaktion stattfindet. Nur so kann man gegebenenfalls noch nachjustieren.

Dennoch ist es aufwändig, den Datenfluss vom Hersteller zum einzelnen Vermittler und wieder zurück zu gewährleisten.

Roegele: Ich setze darauf, dass sich das einpendeln wird. Klar ist, dass die Herstellerseite am Anfang einen größeren Aufwand bewältigen muss. Sie braucht ein Konzept und muss die Kommunikation mit dem Vertrieb aufbauen. Diese funktioniert zwischen den Fondsgesellschaften und dem Vertrieb bei den Inducements aber ja auch. Beim Zielmarkt sollte das also ebenfalls klappen. Viele Häuser haben außerdem heute bereits einen Neuproduktprozess und passen diesen jetzt entsprechend an. Daher ist es nicht so, als wäre bislang gar nichts da gewesen.

Und wie viel zusätzliche Arbeit kommt auf den Vermittler zu?

Roegele: Nach dem Entwurf der Guidelines müssen Vertriebsunternehmen den Zielmarkt des Herstellers konkretisieren und diesen bei der Festlegung ihrer Vertriebsstrategie berücksichtigen. Zudem sollen sie sicherstellen, dass die Produkte grundsätzlich auch ihren Zielmarkt erreichen. Dabei kann der Vertrieb auf die Erfahrungen zurückgreifen, die er mit den Geeignetheitskriterien gemacht hat, da sich die sechs ESMA-Kriterien zum Zielmarkt an diesen orientieren. Daher sollte es für die Berater am Point of Sale nicht allzu schwierig sein. Verkauft der Vermittler außerhalb des Zielmarktes, muss er dabei die Interessen des Kunden wahren und begründen, warum er dies tut.

Vielen Dank für das Gespräch. (am)


Das gesamte Interview mit Elisabeth Roegele, der Exekutivdirektorin Wertpapieraufsicht bei der Bafin, lesen Sie in der Heftausgabe 4/2016 von FONDS professionell, die Ende November erscheint.