Die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) findet lobende Worte für die Reformschritte, die die deutsche Finanzaufsicht Bafin seit dem Zusammenbruch des Zahlungsabwicklers Wirecard im Jahr 2021 eingeleitet hat. Gleichzeitig erkennt die ESMA aber auch Schwachpunkte. Dies berichtet die "Börsen-Zeitung", die einen "Follow-up Report" des europäischen Aufsehers unter die Lupe genommen hat.

Zwar habe Deutschland die Bilanzkontrolle gestärkt, die Regeln für die Kapitalanlage von Beschäftigten wesentlich nachgeschärft und den Informationsfluss verbessert, urteilt die ESMA der "Börsen-Zeitung" zufolge in ihrem Bericht. Auch ein wirksames Whistleblower-System sei installiert worden. Einen Mangel sieht die Behörde jedoch darin, dass eine Einflussnahme des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) auf die Bafin nicht "vollständig ausgeschlossen" werden könne. 

Ministerium kann Infos einfordern
Zwar haben sich die deutsche Aufsicht und das BMF auf eine "operative Unabhängigkeit" der Bafin verständigt. Daher muss die Bafin in der Regel nicht das Einverständnis des Ministeriums einholen, wenn sie Aufsichtsmaßnahmen verhängt. Aber: Das BMF könne ad hoc auch zu Einzelunternehmen von der Bafin Angaben einfordern, schreibt die "Börsen-Zeitung". 

Dies könne etwa dann der Fall sein, wenn eine "breite Auswirkung auf den Finanzmarkt insgesamt" zu befürchten ist, "ein erheblicher Schaden für Anlegerinnen und Anleger" droht oder "tatsächliches oder potenzielles öffentliches Interesse" besteht. Aus Sicht der ESMA sei denkbar, dass die Bafin in bestimmten Fällen Aufsichtsmaßnahmen vorab an das Ministerium weitergibt. Die deutsche Behörde habe auf Nachfrage erklärt, dass ihre operative Unabhängigkeit respektiert werde, so die "Börsen-Zeitung".

Strengere Regeln für Wertpapiergeschäfte von Mitarbeitern
Auch Vorschriften für Wertpapiergeschäfte von Bafin-Mitarbeitern könnte sich die ESMA durchaus strenger vorstellen, heiße es in dem "Follow-up-Report". Um mögliche Interessenkonflikte zu vermeiden, dürfen Bafin-Mitarbeiter bekanntlich nicht mit Finanzinstrumenten von beaufsichtigten Unternehmen handeln. Die ESMA sieht der "Börsen-Zeitung" zufolge hier "erhebliche und umfangreiche Verbesserungen". 

Die Bafin-Beschäftigten müssen ihre bisherigen Geldanlagen schließlich nicht automatisch melden, sondern nur stichprobenartig, auf Verdacht oder bei einem Wechsel der Position, schreibe die europäische Aufsicht. Damit bestehe keine Gleichheit mit Neueinsteigern, die ihre Geldanlagen von Anfang an offenlegen müssen. 

Report als Gradmesser
Die Bafin habe erklärt, sie begrüße den Bericht als Gradmesser bisher umgesetzter Reformen, schreibt die "Börsen-Zeitung". Die Verbesserung ihrer Prozesse und die Modernisierung der Bafin werde die Behörde kontinuierlich fortsetzen, teilte sie mit. (am)