Jedes sechste Geldhaus schafft es nicht, die Finanzmarktrichtlinie Mifid II zum Start im Januar 2018 umzusetzen. Und generell hinkt die Branche dem Zeitplan hinterher. Zu diesem Ergebnis kommt eine Umfrage der Unternehmensberatung PPI unter deutschen Banken und Sparkassen. PPI misst den Umsetzungsstand der Banken für die neuen Regeln anhand eines "Readiness-Index".

Per Ende Oktober hatten demnach die Finanzinstitute nur zu 75 Prozent ihre Vorbereitungen für Mifid II abgeschlossen. Eigentlich hätten sie schon 94 Prozent der Aufgaben erfüllen müssen. Die Unternehmensberatung PPI aus Hamburg befragte zum sechsten Mal die für die Mifid-Umsetzung verantwortlichen Manager aus 50 Kreditinstituten.

Von den Sünden der Vergangenheit eingeholt
Das Inkrafttreten der neuen Finanzmarktregeln war im Frühjahr 2016 verschoben worden. Doch viele Geldhäuser nutzten die zusätzliche Zeit offenbar nicht. Im Gegenteil: 88 Prozent setzten die Vorbereitungen zunächst einmal aus. "Die Sünden der Vergangenheit holen die Banken jetzt ein", sagt Christian Appel, Partner bei PPI. "Im Grunde hätte aus den Erfahrungen mit Mifid I noch bekannt sein müssen, wie komplex regulatorische Einführungsprojekte sein können."

Den Aufwand unterschätzten offenbar viele Institute dennoch. 62 Prozent der Geldhäuser geben an, dass sie mehr Personal als ursprünglich geplant einsetzen mussten. "Erst auf der Zielgeraden wird manchem klar, dass der Aufwand im eigenen Haus unterschätzt wurde", so Studienleiter Appel. "In aller Schnelle eine gesetzeskonforme Lösung herstellen zu müssen, treibt natürlich die Kosten in die Höhe." Ein Grund für die zunächst abwartende Haltung vieler Banken könnte sein, dass sich zunächst andere Regulierungsprojekte, etwa für Umsetzung die Immobilienkreditrichtlinie, vorzogen. Viele wollten vielleicht auch erst eindeutige, nationale Umsetzungsvorgaben für Mifid II abwarten.

Mifid II: In erster Linie ein Kostentreiber
Nun setzten sie zum Teil in großer Hektik die neuen Regeln um und passen ihre IT an. Dabei bleibt auf der Strecke, welche Potenziale für Neugeschäft Mifid II eröffnen könnte. Dementsprechend erkennen nur 16 Prozent der Befragten neue Geschäftsfelder oder Wettbewerbsvorteile, während 44 Prozent den Wegfall von Einnahmequellen oder eine Einschränkung des Geschäftsmodells beklagen. In erster Linie glauben die befragten Banker, dass die EU-Finanzmarktrichtlinie vor allem hohe Kosten verursacht, sowohl einmalig bei der Einführung als auch fortlaufend im Alltagsgeschäft.

Insbesondere die neuen Bestimmungen zur Protokollierung und Aufzeichnung von Beratungsgesprächen gelten als Kostentreiber. Mittlerweile gehen 78 Prozent der Befragten Institute von einem hohen Aufwand aus. Dies sind noch einmal zwölf Prozentpunkte mehr als bei der vorangegangenen Befragung von PPI im Januar 2017. Auf dem zweiten Platz folgen die strengeren Auflagen, die bei der Einführung neuer Produkte und Dienstleistungen beachtet werden müssen. (ert)