Die Deutsche Kreditwirtschaft (DK) warnt vor neuen Hindernissen für Bundesbürger beim Bau und Kauf von Wohnimmobilien. In einem Brief an Finanzminister Christian Lindner (FDP) kritisiert sie ein geplantes Gesetz, auf dessen Basis die Finanzaufsicht einkommensabhängige Grenzen bei der Vergabe von Wohnimmobilienkrediten einführen könnte. 

"Wir halten dies in einer Zeit, in der rund 700.000 Wohnungen fehlen, der Wohnungsneubau fast zum Erliegen gekommen ist und die seit Jahresbeginn gegebenen Wohnimmobiliendarlehenszusagen um circa 40 Prozent unter Vorjahresniveau liegen, für ein falsches politisches Signal", zitiert das "Handelsblatt" aus dem nicht öffentlichen Schreiben der DK vom 15. Dezember vergangenen Jahres, das der Zeitung vorliegt.

Regierung hört auf Experten
Der Anlass für den Brief des Dachverbandes der deutschen Banken ist dem "Handelsblatt" zufolge der Plan der Bundesregierung, noch in der laufenden Legislaturperiode neue, einkommensbasierte Instrumente bei Baudarlehen einzuführen. Sie sollen es der Finanzaufsicht Bafin ermöglichen, bei Immobilienfinanzierungen das Verhältnis der Gesamtverschuldung zum Einkommen der Neukreditnehmer sowie das Verhältnis des Schuldendienstes zum Einkommen zu deckeln. 

Die Koalition folgt damit dem Rat von Experten. So hatte der Ausschuss für Finanzstabilität, dem Vertreter der Bafin, der Bundesbank und des Finanzministeriums angehören, die Einführung einkommensbasierter Instrumente in der Immobilienfinanzierung empfohlen.

Schlechtes Timing
Der Zeitpunkt für die Einführung neuer Regeln bei der Kreditvergabe ist aber ungünstig: Der Immobiliensektor steht wegen gestiegener Kreditzinsen und Baukosten seit Monaten unter Druck. Die Stimmung in den Chefetagen der Wohnungsbauunternehmen ist im Dezember auf ein Rekordtief gefallen. Aktuell sei nicht der richtige Zeitpunkt für Maßnahmen, "die dazu beitragen, die Bautätigkeit weiter einzuschränken und die Wohnungsnot zu vergrößern", schreiben die Banken laut der Zeitung in ihrem Protestbrief. 

Ferner diskriminierten die geplanten Instrumente nach Meinung der Geldhäuser "selektiv einzelne Kundengruppen. Jungen beziehungsweise größeren Familien, Personen mit geringen und mittleren Einkommen und Personen mit hohem Vermögen, aber geringem regelmäßigem Einkommen wird es damit systematisch erschwert, eine Wohnimmobilie zu erwerben oder zu bauen", heißt es der Zeitung zufolge in dem Brief.

Finanzministerium: International anerkannte Regeln
Eine Sprecherin des Finanzministeriums wollte sich zu der Korrespondenz nicht äußern, verteidigte die geplanten Maßnahmen jedoch grundsätzlich. Es handle sich dabei "um international anerkannte Standardinstrumente für risikoreiche Kredite", sagte sie dem "Handelsblatt". "Sie sind entwickelt worden als Lehre aus der Finanzkrise, als Banken viele risikoreiche Kredite vergeben hatten, die nicht zurückgezahlt wurden." (jb)