Andrea Nahles ist fast am Ziel. Für die laufende Legislaturperiode hatte sich die Bundesministerin für Arbeit und Soziales vorgenommen, die betriebliche Altersvorsorge (bAV) zu stärken. Dafür sollte die Betriebsrente auch für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) attraktiver werden. Denn Zahlen ihres Ministeriums zeigen: Während große Mittelständler und Konzerne fast zu 100 Prozent eine bAV anbieten, beläuft sich der Anteil bei den KMU nur auf etwa ein Drittel. Im November 2016 hat die SPD-Politikerin ihren Referentenentwurf für ein Betriebsrentenstärkungsgesetz präsentiert, dessen Kernbestandteil das sogenannte Sozialpartnermodell ist. Der Entwurf von Nahles bricht mit der 50 Jahre alten Praxis in der betrieblichen Altersvorsorge. Denn er ermöglicht den Arbeitgebern reine Beitragszusagen – und verbietet in diesem Fall Garantien. Dagegen laufen viele Versicherer Sturm, während Fondsgesellschaften durchaus angetan sind.

Michael Hennig, stellvertretender Leiter Investment- und Pensionslösungen bei Fidelity International, erklärt im Interview mit FONDS professionell ONLINE, warum es bei dem geplanten Garantieverbot bleiben sollte.


Herr Hennig, derzeit kämpft die Versicherungswirtschaft darum, das geplante Garantieverbot, das im Sozialpartnermodell bei reinen Betriebszusagen vorgesehen ist, im letzten Moment noch zu kippen. Könnte das gelingen?

Michael Hennig: Das kann ich mir ehrlich gesagt kaum vorstellen. Nach der Kritik am Garantieverbot hatte der Bundesrat in seiner Stellungnahme zum Referentenentwurf Anfang Februar gefordert, die Direktversicherung von einem vollständigen Garantieverbot auszunehmen. Diesem Anliegen hat die Bundesregierung kurze Zeit später aber eine Absage erteilt. In der Begründung hieß es, der Vorschlag würde dazu führen, dass die Assekuranz einen erheblichen Vorteil gegenüber anderen Anbietern von Produkten für die Betriebsrente hätte. Ein fairer Wettbewerb ist ausdrücklich gewünscht.

Wettbewerb ist ein gutes Stichwort: Für Fondsgesellschaften würde ein Garantieverbot natürlich den Zugang zu einem Geschäftsfeld eröffnen, das bisher die Versicherer dominieren.

Hennig: Das ist richtig, aber es ist nicht der Grund dafür, warum wir uns für das Garantieverbot im Sozialpartnermodell aussprechen. Das dauerhafte Niedrigzinsniveau hat dazu geführt, dass man heute und in Zukunft in der bAV viel flexiblere und renditestarke Modelle für die Kapitalanlage braucht. Andernfalls ist es nicht möglich, angemessene Volumina für die Altersvorsorge aufzubauen. Das erreicht man nur ohne Garantien. Und Vermögensverwalter haben schließlich längst den Beweis dafür erbracht, dass sie langfristig das Kapital ihrer Kunden mehren können.

Denkbar wäre aber auch, den Tarifparteien die Wahl zu lassen, ob sie im Sozialpartnermodell reine Beitragszusagen oder aber eine Zielrente mit Garantie einführen wollen.

Hennig: Falls die Politik einen solchen Schwenk noch machen und das geplante Verbot in dieser Weise aufweichen sollte, hätten wir das Thema Garantie im Sozialpartnermodell wieder ganz stark drin. Das wäre nicht gut, denn wenn Gewerkschaften ihren Mitgliedern dann einen Tarifvertrag mit Garantien vermitteln würden, hätten wir doch wieder eine schwächere Kapitalanlage und schließlich geringere Volumina für die Altersvorsorge. Denn Garantien gehen ganz klar zulasten der Rendite.

Könnte das Betriebsrentenstärkungsgesetz denn tatsächlich dazu beitragen, dieses Problem zu mildern?

Hennig: Das denke ich schon. Im Sozialpartnermodell sind Arbeitgeber verpflichtet, bei einer Entgeltumwandlung mindestens 15 Prozent der eingesparten Sozialversicherungsbeiträge an den Arbeitnehmer durchzureichen. Diese Summen fließen an die Versorgungseinrichtungen und können über die Jahre hinweg eine gute Zusatzrendite erwirtschaften. Wir haben ja die Situation, dass Beiträge zur bAV bei einer Entgeltumwandlung steuer- und sozialversicherungsfrei sind, auf die monatliche Betriebsrente später aber Steuern und Sozialabgaben anfallen. Mit diesen 15 Prozent, die künftig der Arbeitergeber zu jedem Beitrag hinzuschießt, kann es gelingen, die Lücke, die in der Rentenphase entsteht, besser zu schließen.

Vielen Dank für das Gespräch. (am)


Einen ausführlichen Bericht zum geplanten Garantieverbot im Sozialpartnermodell und warum die Versicherer sich dagegen wehren lesen Sie in der kommenden Heftausgabe 1/2017 von FONDS professionell, die Ende März erscheint.