Die Neobank Nuri hat einen Insolvenzantrag gestellt. Der Schritt sei notwendig geworden, um den Weiterbetrieb der App und die Erfüllung der Verbindlichkeiten sicherzustellen, heißt es in einer Mitteilung auf der Internetseite des Start-ups, das vormals Bitwala hieß. Offenbar sind Gespräche mit Investoren über neue Finanzspritzen gescheitert. Das Fintech, das rund 500.000 Kunden hat und neben klassischen Bankkonten auch Investments in Kryptowährungen anbietet, versuchte laut verschiedenen Medienberichten in den vergangenen Tagen und Wochen, neues Kapital zu bekommen. Das Insolvenzverfahren wolle das Fintech als Basis fürs Weitermachen nutzen. 

Ein Grund für das Fernbleiben von Investoren ist vermutlich die Furcht vor Reputationsschäden wegen der Pleite der US-amerikanischen Kryptobank Celsius Network, die Mitte Juli Insolvenz anmelden musste. Rund einen Monat zuvor musste das US-Unternehmen, das Sparprodukte, Kredite und Zahlungsdienste auf Kryptowährungsbasis anbot, im Zuge der negativen Kursentwicklung bei Kryptos den Handel einstellen und die Kundenassets einfrieren. Teile dieser Assets und Einlagen kamen von Nuri, das seinen Kunden ein Bitcoin-Ertragskonto bot und die Kryptowährungen an Celsius weitervermittelte.

"Erhebliche Abverkäufe von Kryptowährungen"
Nuri bestätigt einen Zusammenhang mit der Insolvenz von Celsius indirekt: Laut Mitteilung haben "negative Entwicklungen an den Kryptomärkten zu Beginn dieses Jahres, einschließlich erheblicher Abverkäufe von Kryptowährungen, der Implosion des Luna/Terra-Protokolls sowie der Insolvenz von Celsius und anderen großen Kryptofonds einen Kryptobärenmarkt eingeleitet". Dieses herausfordernde Umfeld habe die Geschäftsentwicklung von Nuri nachhaltig belastet.

Das Fintech, das selbst keine Banklizenz hat und für das die Solarisbank im Hintergrund die Konten führt, betont aber, dass die Einlagen der Kunden und die Kryptoassets sicher seien. Die Kryptowallets würden von der Solaris Digital Assets als Treuhänder oder "Custodial" verwaltet. Bei den sogenannten "Non-custodial Wallets" besitzt der Nutzer die Schlüssel und Seed-Phrasen zur Verwahrung selbst.

"Erste Anhaltspunkte für Schadenersatzansprüche"
Die Insolvenz von Celsius Network und die Verwicklung von Nuri könnten der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" zufolge aber weiterreichende Folgen haben. "Jeden Tag haben sich drei bis fünf Geschädigte bei uns gemeldet. In der Summe etwa 30", zitiert die Zeitung Walter Späth, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht. Seine in Berlin ansässige Kanzlei Dr. Späth & Partner vertritt der Meldung zufolge Nuri-Kunden, deren Geld in den USA eingefroren ist. Hierbei gehe es auch um Schadenersatzansprüche gegen das Berliner Fintech selbst. "Da haben wir durchaus erste Anhaltspunkte gefunden", erläutert der Fachanwalt im Gespräch mit der "FAZ".

Zu den Fragen, die der Anwalt und sein Team zurzeit untersuchen, gehört, ob Kunden des Bitcoin-Ertragskontos darüber aufgeklärt wurden, wer überhaupt ihr Vertragspartner war. Und ob Nuri das Konzept von Celsius Network ordnungsgemäß überprüft hat, bevor es seine Kunden an das Kryptofintech in den USA vermittelt hat. "Außerdem stellt sich die Frage, ob Nuri seine Kunden über die wahrscheinlich erhaltene Rückvergütung für die Vermittlung informiert hat", sagt Späth. (jb)