Bis zur endgültigen Klärung des Rechtsstreits sind Aussetzungszinsen fällig, sollte der Steuerpflichtige später im Einspruchsverfahren unterliegen: für jeden vollen Monat 0,5 Prozent der Steuerschuld, also 6,0 Prozent im Jahr. Zu viel, findet der Bundesfinanzhof (BFH) mit Beschluss vom 8. Mai 2024 (Az.: VIII R 9/23; externer Link) und legt die Frage, ob der Zinssatz so rechtens ist, nun dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe vor. Ein Termin steht noch nicht fest.

Zu hohe Zinsen bei Aussetzung der Vollziehung einer Steuerforderung
Der Fall: Ein Mann hatte wegen vermeintlich zu hoher Einkommensteuer geklagt. Jahre später verlor er den Rechtsstreit und musste seine Schuld inklusive Aussetzungszinsen für 78 Monate begleichen. Aktuell sind dies 6,0 Prozent pro Jahr (nach Paragraf 233a in Verbindung mit Paragraf 237 Absatz 1 Abgabenordnung; externer Link). Das summierte sich auf insgesamt 9.340 Euro Zinsnachzahlung.

Der Mann klagte erneut, diesmal gegen die Höhe der Zinsen. Noch ist nichts entschieden, doch diesmal stehen seine Chancen nicht schlecht. Denn: Der BFH hält 0,5 Prozent Zinsen pro Monat für die Aussetzung der Steuerzahlung für zu hoch – und den Zinssatz folglich für verfassungswidrig.

Karlsruhe stoppte bereits 2021 zu hohen Zins bei verspäteter Steuerfestsetzung
Und die Karlsruher Verfassungsrichter hatten schon am 8. Juli 2021 bei einer anderen Art von Finanzamts-Zinsen – die für eine verspätete Steuerfestsetzung – deren Höhe für realitätsfern und damit verfassungswidrig befunden (Az.: 1 BvR 2237/14 und Az.: 1 BvR 2422/17; externer Link). Rückwirkend ab 2014 mussten demnach niedrigere Werte zugrunde gelegt werden.

Lange hatte das Finanzamt auf Steuernachzahlungen und Steuerrückerstattungen 6,0 Prozent Zinsen pro Jahr aufgeschlagen, wenn der Bescheid mehr als 15 Monate nach der Steuerentstehung erging. Anders als 2018, als die Bundesregierung nach einem BFH-Urteil nichts tat, obwohl Nachzahlungszinsen von 6,0 Prozent schon seit 2015 erhebliche Verfassungsbedenken ausgelöst hatten, lenkte die Regierung nach dem BVerfG-Urteil von 2021 ein. Sie senkte den Zinssatz für Steuernachzahlungen und Steuererstattungen deutlich. Seit 2019 gilt nur noch ein Zinssatz von 0,15 Prozent pro Monat, also 1,8 Prozent im Jahr.

Jetzt naht Entwarnung bei Aussetzungszins
Allerdings legte das BMF das Urteil sehr eng aus und stellte klar, dass sich der Verfassungsgerichtsbeschluss nur auf Erstattungs- und Nachzahlungszinsen auswirke. Bei Stundungs-, Hinterziehungs- und Aussetzungszinsen bleibe es beim alten Zinssatz von 0,5 Prozent pro Monat, also 6,0 Prozent pro Jahr. Zumindest für Aussetzungszinsen könnte sich das nun bald ändern, wenn die obersten Verfassungsrichter in die Kerbe des BFH hauen.

In seinem Beschluss vom 8. Mai 2024 betonte der BFH, dass Steuerpflichtige, die Aussetzungszinsen zahlen müssen, stärker belastet würden im Vergleich zu Steuerpflichtigen, die Nachzahlungszinsen in Höhe von nur 1,8 Prozent pro Jahr leisten müssen. Diese Zinssatzspreizung sei verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt. (dpo)