Große Gesetzesvorhaben gewinnen oft mitten in der Sommerpause urplötzlich an Fahrt – oder kurz vor Weihnachten. So ist es auch mit der Finanztransaktionssteuer, die auf europäischer Ebene schon seit Jahren kontrovers diskutiert wird. Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) hat seinen europäischen Amtskollegen am 10. Dezember 2019 einen finalen Gesetzentwurf für die Steuer vorgelegt. Der sorgt seitdem für Unmut und harte Kritik in der Finanzbranche und bei Politikern  – auch in Brüssel.

Was insbesondere für Irritationen sorgt: Scholz’ Entwurf sieht eine Abgabe ausschließlich auf Käufe von Aktien vor. Nach dem Willen des Finanzministers sollen auf Börsengeschäfte in zehn Staaten der Europäischen Union (EU) inklusive Deutschland künftig 0,2 Prozent des Transaktionsvolumens anfallen, und zwar immer und merkwürdigerweise nur dann, wenn die betreffende AG eine Marktkapitalisierung von mehr als einer Milliarde Euro aufweist. In Deutschland wäre das bei 145 Firmen der Fall.

Ausnahmen vorgesehen
Immerhin: Gewisse Gestaltungsspielräume lässt Scholz seinen Amtskollegen: So soll es etwa jedem Land selbst überlassen bleiben, die Finanztransaktionssteuer beispielsweise auf Aktienfonds und ähnliche Produkte zur privaten Altersvorsorge und dem Vermögensaufbau auszudehnen. Wie dies allerdings in Deutschland gehandhabt wird, steht bislang in den Sternen.

Ein Ursprungsgedanke der Fans einer solchen Sonderabgabe für Kapitalmarktdeals lässt der Text aus Scholz' Ministerium außen vor – weswegen selbst im Lager der Unterstützer gemurrt wird: Nach den Erfahrungen aus der Finanzkrise der Jahre 2008/2009 hätte die damals wiederbelebte Idee einer umfassenden Finanztransaktionssteuer gezielt dazu dienen sollen, Zocks mit Derivaten und komplexen Papieren wie Credit Default Swaps (CDS) einzudämmen sowie den als gefährlich gebrandmarkten Hochfrequenzhandel in die Schranken zu weisen. Die nun formulierte Börsensteuer Scholz'scher Prägung schließt solche Terminmarktinstrumente jedoch aus.

Teilfnanzierung der Grundrente
Wozu also das Ganze? Scholz möchte mit erwarteten zusätzlichen Einnahmen aus der Finanztransaktionssteuer von jährlich rund 1,5 Milliarden Euro zumindest teilweise die von seiner Partei favorisierte Grundrente gegenfinanzieren. Der Gesetzentwurf soll bereits auf dem nächsten Treffen der EU-Finanzminister abgesegnet, die Börsensteuer 2021 eingeführt werden.

Wie Finanzexperten und Politiker zu der geplanten "Scholz-Steuer" stehen – klicken Sie sich einfach durch unsere Bilderstrecke oben. (am)