Mehrere Anwälte weisen Anleger mit Bonitätsanleihen auf die Möglichkeit einer Rückabwicklung oder eventuelle Schadenersatzansprüche hin. Sie hoffen auf Geschäft, nachdem die Finanzaufsicht Bafin angekündigt hat, den Vertrieb dieser Zertifikate an Privatanleger verbieten zu wollen (FONDS professionell ONLINE berichtete).

Bonitätsanleihen bieten eine vergleichsweise hohe Rendite – aber nur, solange es bei dem Unternehmen, auf das sich das Papier bezieht, kein Kreditereignis wie einen Zahlungsverzug oder eine Restrukturierung gibt. "Strukturierte Produkte, die sich auf Kreditrisiken beziehen, können für institutionelle Investoren eine sinnvolle Anlagealternative sein. In die Hände von Privatkunden gehören sie aus unserer Sicht aber nicht", hatte Bafin-Exekutivdirektorin Elisabeth Roegele Ende Juli gesagt. Privatanleger könnten in der Regel nicht bewerten, ob der gebotene Kupon das Risiko adäquat vergüte.

Die Bafin bezeichnet schon die Produktbezeichnung als "irreführend", denn anders als bei einer normalen Anleihe nehme der Anleger eher die Rolle eines Versicherungsgebers ein. Außerdem habe die Auswertung der Beratungsdokumentation deutlich gemacht, dass die Funktionsweise der Produkte in der Regel nicht ausreichend erklärt worden sein – hier schwingt der Vorwurf einer Falschberatung im großen Stil mit.

"Schadensersatzansprüche geltend machen"
Die Behörde gab der Branche bis Anfang September Zeit, zu der geplanten Allgemeinverfügung Stellung zu nehmen. Die endgültige Entscheidung der Bafin steht noch aus. Es geht um einen durchaus großen Markt: Dem Deutschen Derivate Verband zufolge hatten Ende Juni neun Institute in Summe Bonitätsanleihen für 6,3 Milliarden Euro ausstehen. Die größten Emittenten sind die LBBW mit 2,8 und die Deka mit gut zwei Milliarden Euro – gemeinsam stehen sie für mehr als drei Viertel des Marktes. Weil die Zertifikate dieser beiden Häuser weitestgehend über Sparkassen vertrieben werden, ist davon auszugehen, dass Sparkassen-Kunden Bonitätsanleihen im Wert von fast fünf Milliarden Euro in ihren Depots haben (lesen Sie hierzu auch den Kommentar von FONDS professionell ONLINE-Chefredakteur Bernd Mikosch: "Verbot von Bonitätsanleihen: Eine Ohrfeige für Sparkassen").

Anlegerschutzanwälte nehmen den Ball, den die Bafin ihnen zugespielt hat, nun dankbar auf. "Wurden Risiko oder Funktionsweise der Bonitätsanleihen nicht ausreichend erläutert, dürften sich die Verträge aufgrund der fehlerhaften Anlageberatung rückabwickeln lassen", sagt Marcel Seifert von der Stuttgarter Kanzlei Brüllmann Rechtsanwälte. "Anleger, die durch ihre Investition Geld verloren haben, können dann auch Schadensersatzansprüche geltend machen."

"Verluste nachträglich kompensieren"
Auch Franz Braun, Partner bei CLLB Rechtsanwälte in München, verweist darauf, dass Produktinformationen, Beratungen und Prospekte zu den emittierten Bonitätsanleihen laut Bafin die Risiken mitunter nicht hinreichend klargestellt hätten. "In diesem Fall kommen Prospekthaftungsansprüche und andere Ansprüche in Betracht, und die Anleger können ihre Verluste möglicherweise nachträglich doch noch kompensieren."

Anleger könnten sich auf die umfangreiche Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes beziehen, was die anleger-und objektgerechte Beratung und Aufklärung anbelangt, betont der Stuttgarter Rechtsanwalt Kemal Eser.

Bislang kaum Ausfälle
Allerdings haben bislang nur sehr wenige Anleger überhaupt einen Schaden mit Bonitätsanleihen erlitten – auch weil in den vergangenen Jahren vergleichsweise wenige bekannte Unternehmen in die Insolvenz schlitterten oder ihre Schulden restrukturieren mussten. Hin und wieder kam es jedoch zu Ausfällen, beispielsweise zu Zeiten der Griechenlandkrise vor rund fünf Jahren. DZ Bank und LBBW hatten mehrere Papiere mit der hellenischen Republik als Referenzschuldner begeben, die auch in zahlreichen Privatanlegedepots zu finden waren. (bm)