Die deutsche Fondsbranche kann ein wenig durchatmen. Denn der deutsche Fondsverband BVI beurteilt den am Montag (2. August) veröffentlichen Bafin-Entwurf der Richtlinie für nachhaltige Investmentvermögen als spürbare Verbesserung gegenüber der inoffiziellen Vorversion vom April. "Die Bafin hat viele unserer Bedenken berücksichtigt, dennoch sind noch nicht alle kritischen Punkte ausgeräumt", lässt sich BVI-Hauptgeschäftsführer Thomas Richter in einer Pressemitteilung zitieren.

Als eine der wichtigsten Verbesserungen erkennt der BVI, dass die Anforderungen an die Errichtung und den Betrieb von Immobilien gestrichen wurden. Diese wären dem Verband zufolge in der Praxis nicht umsetzbar gewesen, sodass Immobilienfonds grundsätzlich nicht als nachhaltige Fonds hätten aufgelegt werden können. Weitere Verbesserungen gegenüber der Vorversion seien etwa eine stärkere Berücksichtigung der EU-Regulierung und der Bestandsschutz für Fonds, die bereits auf dem Markt sind.

Fondsstandort Deutschland könnte Schaden nehmen
Die Senkung der Mindestquote für Investitionen in nachhaltige Vermögensgegenstände von 90 auf 75 Prozent reicht dem BVI jedoch nicht. "Aufgrund der immer noch zu hohen Quote von 75 Prozent ist die Gefahr noch nicht gebannt, dass neue nachhaltige Fonds in Luxemburg aufgelegt werden und damit der Fondsstandort Deutschland Schaden nimmt", heißt es in der Mittelung. Die Bafin hätte damit der Strategie der Bundesregierung, Deutschland zum führenden Standort für nachhaltige Finanzprodukte zu machen, einen Bärendienst erwiesen.

Obwohl der Fondsverband die Verbesserungen gegenüber dem ersten Vorschlag begrüßt, betrachtet er den Alleingang der Bafin als kontraproduktiv. Um "Greenwashing" zu verhindern, sei es dem Bundesfinanzministerium schließlich gelungen, die Marktteilnehmer, bestehend aus Sustainable-Finance-Beirat, Verbraucherschützern, Bafin, Fondsverband sowie den Verbänden der Banken und Zertifikateanbieter, an einen Tisch zu bringen. 

Arbeit an besserer Lösung
"Ziel ist es, das Zielmarktkonzept der Verbände, die Nachhaltigkeitsampel der Bundesregierung und die Bafin-Leitlinien konzeptionell zusammenzuführen und aufeinander abzustimmen", schreibt der Verband. Die Gespräche liefen vielversprechend. Der BVI wolle sich nun weiter dafür einsetzen, dass möglichst schnell eine für den Standort Deutschland bessere Lösung gefunden wird als "die vorgestellten Leitlinien der Bafin sie darstellen".

Die Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) hingegen begrüßt den Richtlinien-Entwurf der Finanzaufsicht. "Auch bei Geldanlagen besteht die Gefahr von Greenwashing. Es ist deshalb gut, dass die Bafin die Anbieter von Nachhaltigkeitsfonds dazu verpflichten will, dass sie im Kern auch nachhaltig anlegen", erklärt VZBV-Vorstand Klaus Müller. 

Bundesregierung soll klare Standards schaffen
Allerdings sei auch der Gesetzgeber gefordert. "Die Mehrheit der Verbraucher erwartet, dass als nachhaltig beworbene Anlagen auch zu konkreten Veränderungen führen, also zum Beispiel Treibhausgasemissionen reduzieren oder Sozialstandards verbessern", so Müller. Bei vielen Geldanlagen sei eine solche Wirkung allerdings unklar. Der VZBV erwarte, dass die Bundesregierung sich hier für klare Standards und Definitionen einsetzt. (am)