Die verpflichtende Abfrage der Nachhaltigkeitspräferenzen in der Anlageberatung hat ein Jahr nach ihrer Einführung die regulatorischen Erwartungen nicht erfüllt. Dies macht der BVI in einer Stellungnahme gegenüber der Europäischen Markt- und Wertpapieraufsicht (ESMA) deutlich, die der deutsche Fondsverband auf seiner Website veröffentlicht hat. Die ESMA hatte die Unternehmen und Verbände der Finanzbranche gebeten, der Aufsicht ihre Einschätzung zur praktischen Anwendung und Umsetzung der ESG-Präferenzabfrage mitzuteilen.

"Privatkunden investieren heute deutlich weniger Geld in Fonds mit Nachhaltigkeitsmerkmalen als vor zwei Jahren", heißt es in der Stellungnahme des BVI. Neben einem schwierigen Marktumfeld seien die Auswirkungen der Regulatorik nicht von der Hand zu weisen: Nur zehn bis 20 Prozent der Privatkunden beantworteten die Frage nach Nachhaltigkeitspräferenzen positiv. Die überwiegende Mehrheit davon verzichte auf weitere Konkretisierungen ihrer Präferenzen.

Gesamte Beratung abgebrochen
Mehr als drei Viertel der Kunden, die erklärten, an einer nachhaltigen Geldanlage interessiert zu sein, hätten bei der Angabe der konkret bevorzugten Produktmerkmale den gesamten Beratungsvorgang abgebrochen, schreibt der BVI. Das habe die Auswertung der Daten eines Robo-Advisors gezeigt. Diese Zwischenergebnisse deuteten darauf hin, dass Kunden mit den gesetzlichen Kategorien für nachhaltige Finanzprodukte überfordert sind oder diese ihren Begriff von ESG nur unzureichend abbilden. 

"Wir fordern daher eine deutliche Vereinfachung der Präferenzabfrage", so der Fondsverband. Die Überprüfung der EU-Offenlegungsverordnung biete die Gelegenheit, über die Einführung eines Kategorisierungssystems für nachhaltige Produkte nachzudenken. Dieses sollte Kunden die Orientierung im Vertrieb erleichtern. (am)