Das ausgeklügelte System mit Aktiendeals in Millionenhöhe zur Umgehung von Kapitalertragsteuern auf Dividenden – sogenannte "Cum-Ex"-Geschäfte – funktionierte lange Zeit einwandfrei. Erst 2012 machte das Bundesfinanzministerium das Steuerschlupfloch dicht.

Der seit April tagende Untersuchungsausschuss des Bundestages hat nun eine Erklärung dafür gefunden: Es mangelte an Kooperation zwischen den Behörden. "Die Finanzaufsicht Bafin hat gar nicht verstanden, dass Cum-Ex ein Geschäftsmodell war und nicht nur ein Steuerthema", setzte der Grünen-Finanzexperte Gerhard Schick gegenüber dem "Handelsblatt" noch einen drauf.

Bafin: Kein Austausch zwischen Behörden
Die Bafin wurde offenbar aber erst 2015 auf das Ausmaß dieser Cum-Ex-Deals aufmerksam, wie aus einer Pressemitteilung des Deutschen Bundestages hervorgeht. Bafin-Exekutivdirektor Raimund Röseler, der in der Behörde seit 2011 die Bankenaufsicht leitet, gab vor dem Ausschuss zu Protokoll, dass seine Behörde nicht für die Verfolgung steuerrechtlicher Verstöße zuständig sei.

Um im Rahmen ihres Auftrages tätig zu werden, brauche die Bafin Hinweise der zuständigen Behörden. Dieser Austausch sei in der Vergangenheit wegen einer gesetzlichen Besonderheit erschwert gewesen, verteidigt sich Röseler. Erst im Zuge einer Gesetzesänderung im November 2015 habe sich die Zusammenarbeit, zum Beispiel mit der Steuerfahndung Wuppertal, aber auch mit den Staatsanwaltschaften, intensiviert.

Wie Röseler weiter sagte, sei die Bafin bis 2015 von Einzelfällen ausgegangen, habe ihre Einschätzung der Cum-Ex-Geschäfte seit der Schließung der Maple Bank wegen hoher Steuerrückforderungen und drohender Überschuldung jedoch ändern müssen. Bis zu diesem Zeitpunkt habe man die bei derartigen Fällen zurückzuzahlende Beträge nicht für "existenzbedrohend" gehalten. Ein weiteres Problem sei, dass im Haus nicht genügend Steuerexpertise vorhanden sei.

Ungläubige Politiker
Abgeordnete wie Schick lassen das dem Handelsblatt zufolge nicht gelten. "Die Bafin hat sich bei Cum-Ex durch Desinteresse, Unwissenheit und Untätigkeit total blamiert und zu dem Milliardenschaden beigetragen", sagt der Grünen-Politiker der Zeitung. Im Geschäftsbereich des Bundesfinanzministeriums wisse die eine Hand nicht, was die andere tue. "Es gab und gibt offenbar keine Zusammenarbeit zwischen Steuer- und Bankenbereich, obwohl seit Jahrzehnten die Banken durch üble Steuertricks auffallen", so der Grünen-Politiker weiter gegenüber dem Handelsblatt. Dies wird durch Berichte gestützt, dass die Bafin schon 2007 auf die Geschäfte aufmerksam gemacht wurde, aber nicht reagierte (FONDS professionell ONLINE berichtete).

Diese Einschätzung bestätigen Mitschriften aus dem Ausschuss und diverse Einschätzungen von Abgeordneten der Koalition, so die Zeitung. Wie zäh die Bankenaufsicht dabei in die Gänge kam, erstaunte im Untersuchungsausschuss auch den SPD-Finanzpolitiker Andreas Schwarz. "Ich war überrascht, dass es der Bafin so schwergefallen ist, diese Fälle zu prüfen. Ich habe mich gefragt: Liest dort niemand Zeitung? Warum fragen die nicht einfach mal beim Bundesfinanzministerium nach, dem sie ja unterstellt sind", sagte er dem Handelsblatt.

Immerhin, eine Schlussfolgerung hat die Bafin gezogen: Röseler zufolge wolle man zusätzliche Ressourcen aufbauen, um mehr Prüfungen eigenständig durchführen zu können. (jb)