Das Bonner Landgericht hat den Cum-Ex-Strafprozess gegen den früheren Chef der Hamburger Privatbank M.M. Warburg, Christian Olearius, am Montag (24.6.) aufgrund seines Gesundheitszustands eingestellt. Dies berichtet die Nachrichtenagentur "Bloomberg". Die Vorsitzende Richterin, Marion Slota-Haaf, befand Olearius für dauerhaft verhandlungsunfähig. Über den Tatvorwurf entschied das Gericht jedoch nicht. Das Urteil ist kein Freispruch.

Der Prozess hatte im September 2023 begonnen, war aber wegen gesundheitlicher Probleme des Beschuldigten immer wieder verzögert und unterbrochen worden. Dem 82-jährigen Olearius wurde schwere Steuerhinterziehung in zuletzt 14 Fällen vorgeworfen. Er soll zwischen 2006 und 2019 die Cum-Ex-Geschäfte von M.M. Warburg genehmigt haben. Die Steuerdeals sollen den deutschen Staat 280 Millionen Euro gekostet haben. 

"Verstöße gegen die Grundregeln der Rechtsstaatlichkeit"
Olearius beteuerte am Montag vor Gericht abermals seine Unschuld. "Es ist gut, dass dieses Verfahren nun beendet ist", ließ er sich "Bloomberg" zufolge nach dem Prozessende in einer Pressemitteilung zitieren. "Das von der Staatsanwaltschaft in Gang gesetzte Verfahren und die Art der Ermittlungen waren von Anfang an und über Jahre in vielfacher Hinsicht eklatante Verstöße gegen die Grundregeln der Rechtsstaatlichkeit, die fassungslos machen", erklärte er weiter.

Bereits in der vergangenen Woche hatte die Kammer einen Antrag der Staatsanwaltschaft Köln zurückgewiesen, mit dem die Ermittlungsbehörde erreichen wollte, in einem weiteren Verfahren 43 Millionen Euro von Olearius einzuziehen. Dabei soll es sich um die Taterträge aus den Geschäften handeln. Die Sache sei jedoch noch nicht ausreichend ermittelt, so dass dieser Schritt derzeit nicht eingeleitet werden könne, befand das Gericht. Die Staatsanwaltschaft hat gegen die Entscheidung Rechtsbeschwerde und gegen das Urteil vom Montag bereits Revision eingelegt.

Mit und ohne Dividendenanspruch
Der ehemalige Warburg-Chef ist in Deutschland eines der Gesichter des Cum-Ex-Komplexes, der zu einem der größten Ermittlungsverfahren wegen Wirtschaftskriminalität geführt hat. Mit Cum-Ex-Geschäften ließen sich Finanzakteure Steuern erstatten, die sie gar nicht gezahlt hatten. Dabei wurden Aktien mit (cum) und ohne (ex) Dividendenanspruch hin- und hergeschoben. Dem Staat entstand dadurch ein Schaden in zweistelliger Milliardenhöhe. 

Im Jahr 2021 stellte der Bundesgerichtshof klar, dass es sich bei solchen Transaktionen um eine Straftat handelt. Olearius’ ehemalige rechte Hand, der frühere Prokurist von M.M. Warburg, wurde wegen dieser Geschäfte zu fünfeinhalb Jahren Haft verurteilt. (am/Bloomberg)