Nun ist nicht mehr daran zu rütteln: Die Finanzaufsicht Bafin haftet im Zusammenhang mit dem Wirecard-Skandal definitiv nicht wegen Amtsmissbrauchs. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat im Januar die Nichtzulassungsbeschwerde eines Anlegers zurückgewiesen (Az. III ZR 57/23). Damit ist die Sache ein für alle Mal vom Tisch.

Geklagt hatte ein Anleger, der für sich und im Namen seiner Ehefrau Aktien des im Juni 2020 zusammengebrochenen Zahlungsdienstleisters Wirecard erworben hatte. Der Kläger, der sich von der Tilp Rechtsanwaltsgesellschaft aus Kirchentellinsfurt bei Tübingen rechtlich vertreten ließ, hatte die Bafin auf Schadenersatz in Anspruch genommen. Neben anderen Punkten lautete der Vorwurf Amtsmissbrauch.

Kanzlei Tilp machte den ersten Schritt
Kurz nach der Wirecard-Insolvenz hatten mehrere Rechtsanwaltskanzleien ein solches Vorgehen angekündigt. Die Tilp Rechtsanwaltsgesellschaft, damals noch unter Federführung des inzwischen verstorbenen Gründers und Mitgeschäftsführers Andreas Tilp, machte im Juli 2020 schließlich als erste Ernst

"Wir werfen der Bafin vor, dass sie jahrelang unter grober Verletzung ihrer gesetzlichen Aufgaben und Befugnisse eigene Ermittlungen gegen die Wirecard AG wegen Marktmanipulation verweigert hat", erklärte Andreas Tilp damals in einem Interview mit FONDS professionell ONLINE. Zusätzlich zu der Klage auf Amtshaftung beantragte Tilp vor dem Oberlandesgericht Frankfurt ein Kapitalanlegermusterverfahren einzuleiten, um auf diesem Weg Schadenersatz für geschädigte Wirecard-Investoren zu erreichen.

Der Prozessverlauf
Nun steht unwiderruflich fest, dass mutmaßlich geschädigte Wirecard-Anleger keinen Schadenersatz wegen Amtsmissbrauchs gegen die Finanzaufsicht geltend machen können. Das Landgericht Frankfurt hatte zunächst die Klage auf Zahlung von 64.833,75 Euro nebst Zinsen abgewiesen. Die vom Kläger eingelegte Berufung wies das Oberlandesgericht zurück. Dagegen wandte sich die Kanzlei Tilp im März 2023 mit einer Nichtzulassungsbeschwerde an den BGH. 

Doch der unter anderem für das Amtshaftungsrecht zuständige III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat im Januar per Beschluss auch die eingelegte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung zurückgewiesen. Die Maßnahmen der Bafin seien bei "voller Wahrung der Belange einer effektiven Bilanzkontrolle jedenfalls vertretbar" gewesen, heißt es in einer Pressemitteilung des BGHs.

Rund 2.500 Klagen
"Damit ist der Rechtsweg zu Ende, weitere Möglichkeiten gibt es nicht", sagt Alexander Heinrich, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht in der Kanzlei Tilp. Für die Kläger, die Tilp bis zur Beschwerde beim BGH vertreten hat, ist das bitter. "Insgesamt hatten wir rund 2.500 Klagen", berichtet Heinrich. Eine Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof kommt allerdings nur für Fälle in Frage, bei denen es um Schäden ab 20.000 Euro geht. "Die anderen Verfahren waren teilweise schon früher beendet", sagt Heinrich.

Auch ein Verfahren nach dem Kapitalanlegermusterverfahrensgesetz (KapMuG) gegen die Finanzaufsicht wird es nicht geben. Es wäre das erste gegen eine deutsche Behörde gewesen. "Das Landgericht Frankfurt hat geurteilt, dass ein KapMuG-Verfahren gegen die Bafin nicht möglich ist, weil es sich bei der Finanzaufsicht nicht um einen Emittenten von Wertpapieren handelt", erklärt Heinrich. "Dem Urteil zufolge fällt die Bafin nicht unter den Anwendungsbereich des KapMuG", sagt er. Daran ist nicht zu rütteln. (am)