Am 16. August 2023 hat das Bundeskabinett den Entwurf des Zukunftsfinanzierungsgesetzes beschlossen, das noch in dieser Legislaturperiode Gesetz werden soll. Eine der zahlreichen Neuerungen, die dieses Mantelgesetz bringen wird, ist die Einführung elektronischer Aktien. Rechtsanwalt Oliver Marc Prager, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht, beleuchtet im Gastbeitrag für FONDS professionell ONLINE, was elektronische Aktien sind und welche Änderungen sich dadurch für die Asset-Management-Branche ergeben.


Elektronische Wertpapiere gibt es zwar schon seit 2021, damals allerdings ermöglichte der Gesetzgeber nur elektronische Inhaberschuldverschreibungen und elektronische Fondsanteile (seit Erlass der KryptoFAV im Jahr 2022 auch in Form von Kryptofondsanteilen), aber keine elektronischen Aktien. Die Einführung elektronischer Aktien wurde damals verschoben, weil der Gesetzgeber befürchtete, die Einführung elektronischer Aktien hätte "erhebliche gesellschaftsrechtliche Auswirkungen". Frei nach dem Motto "Was kümmert mich das Geschwätz der Regierung von gestern?" nimmt der am 16. August 2023 beschlossene Regierungsentwurf eines Zukunftsfinanzierungsgesetzes keine grundlegenden gesellschaftsrechtlichen Änderungen vor, sondern erweitert einfach den Anwendungsbereich der einschlägigen Gesetze auf elektronische Aktien.

Koexistenz von verbrieften und elektronischen Aktien
Gemäß dem Entwurf wird es aber keinen Zwang zur Dematerialisierung geben, sodass es auch weiterhin möglich sein wird, "normale" Aktien auf der Grundlage einer (Global-)Urkunde auszugeben. Elektronische Aktien müssen in ein Register eingetragen werden, nämlich entweder in ein sogenanntes zentrales Register oder in ein Kryptowertpapierregister. Wie bei den bereits existierenden elektronischen Anleihen wird es daher auch bei elektronischen Aktien eine Unterteilung in Zentralregisteraktien und Kryptoaktien geben, die im Detail jeweils unterschiedlichen Regeln unterliegen.

Während Zentralregisteraktien sowohl als Inhaber- wie auch als Namensaktien ausgestaltet sein können, können Kryptoaktien nur als Namensaktien emittiert werden, da der Gesetzgeber der – vielfach kritisierten und im Ergebnis nicht stichhaltigen – Auffassung ist, Krypto-Inhaberaktien brächten kaum lösbare gesellschafts- und geldwäscherechtliche Probleme mit sich.

Wer darf ein elektronisches Aktienregister führen?
Zentrale elektronische Wertpapierregister dürfen nur von Wertpapiersammelbanken (sprich: von Clearstream) oder Verwahrern (also Depotbanken) geführt werden. Allerdings kann der Emittent selbst das Kryptowertpapierregister der von ihm ausgegebenen Kryptoaktien führen oder einen beliebigen Dritten mit der Registerführung beauftragen. Da das Führen eines Kryptowertpapierregisters eine Finanzdienstleistung ist, benötigt dieser Dritte dann aber eine entsprechende Erlaubnis der Bafin.

Wer wird im Register eingetragen?
Elektronische Aktien können durch Eintragung des jeweiligen Inhabers (Einzeleintragung) oder durch eine Sammeleintragung im jeweiligen Register eingetragen werden. In letzterem Fall wird statt der einzelnen Aktieninhaber eine Wertpapiersammelbank oder ein Verwahrer in das Register eingetragen, sodass in diesem Fall der Inhaber der Aktie und die Person des Aktionärs nicht identisch sind.

Kaum Unterschiede für Anleger und Fonds
Die Unterschiede, die sich aus den beschriebenen Gestaltungsmöglichkeiten (zentrales oder Kryptoregister? Einzel- oder Sammeleintragung?) ergeben, sind für Fonds letztlich irrelevant. Obwohl dies auf den ersten Blick überraschen mag, sind sogar die Unterschiede zu verbrieften Aktien unbedeutend. Letztlich wird bei elektronischen Aktien die bei herkömmlichen Aktien erforderliche Verbriefung in einer Urkunde durch die Schaffung eines Wertpapierregisters ersetzt. Insgesamt wird sich nach dem Gesetzesentwurf in der Praxis für Fondsmanager, die für die von ihnen betreuten Sondervermögen Aktien erwerben, wenig ändern. Die Aktien werden alternativ elektronisch geführt statt gedruckt.

Ob und in welchem Umfang sich durch die Dematerialisierung von Aktien wesentliche Kostenersparnisse ergeben werden, ist aktuell noch offen. Trotz der zu erwartenden Effizienzgewinne dürfte sich die Kostenersparnis für Fonds allerdings in Grenzen halten, da Fonds beziehungsweise Kapitalverwaltungsgesellschaften auch Kryptoaktien nach dem eWpG nicht selbst halten dürfen, sondern diese wie herkömmliche Aktien von einem Verwahrer halten und verwalten lassen müssen. Der Fokus von Fondsmanagern wird deshalb grundsätzlich weiterhin auf der Beurteilung der Emittenten und deren Geschäftsmodell liegen müssen und weniger auf der Ausgestaltung der Aktie als verbrieftes oder elektronisches Wertpapier.


Zum Autor: Oliver Marc Prager ist Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht bei MZS Rechtsanwälte. Er berät Finanzdienstleister sowie kleinere und mittelständische Unternehmen, etwa zu Fragen des Bankaufsichtsrechts, zu Erlaubnisanträgen nach KWG und WpIG und zu Finanzierungsfragen. Darüber hinaus befasst sich Prager intensiv mit dem Wertpapierhandelsrecht von der Vertragsausgestaltung bis hin zur Einhaltung bankaufsichtsrechtlicher Vorgaben.