Der deutsche Fondsverband BVI hat auf Kritik an seiner Studie zu den Folgen eines möglichen Provisionsverbotes reagiert. In einer Anhörung vor dem Finanzausschuss des Deutschen Bundestages im Februar habe der Sachverständige Steffen Sebastian, Professor an der Universität Regensburg, die BVI-Analyse als "in wissenschaftlicher Hinsicht nicht haltbar" bezeichnet. Er habe insbesondere die Länderauswahl in der Studie kritisiert, so der BVI. "Leider ergab sich im Zuge der Anhörung keine Gelegenheit für uns, auf diese Behauptung einzugehen. Wir können sie keinesfalls unwidersprochen lassen", heißt es in einem Schreiben des Verbands an den Finanzausschuss, das FONDS professionell ONLINE vorliegt.

Weil es um Pläne der EU-Kommission zur Einführung eines Provisionsverbots für Finanzprodukte in der Europäischen Union gehe, habe sich der BVI in seiner Analyse auf die für den Fondsvertrieb wichtigsten Länder in Europa konzentriert. "Anleger in den untersuchten 13 Ländern halten über 90 Prozent des privaten Geldvermögens der gesamten EU und des Vereinigten Königreichs bei den betrachteten Instrumenten. Die Konzentration auf diese Länder minimiert mögliche Fehlerquellen und verbessert die Qualität der Schätzung", betont der Verband nun.

Testweise habe der BVI seine Stichprobe auf fast alle EU-Staaten ausgeweitet. "Diese Anpassung verändert die Aussage unserer Studie nicht." Außereuropäische Länder habe man "wegen der schlecht einschätzbaren Vergleichbarkeit" bewusst nicht berücksichtigt. "Der enge Fokus hilft uns, unsere Ergebnisse fachlich korrekt zu analysieren", so der BVI.

Verband wagt den Gegenangriff
Der Verband verknüpft seine Erläuterungen mit deutlicher Kritik an dem Regensburger Hochschullehrer: "Anders als Professor Sebastian legen wir sowohl unser Studienkonzept als auch die Daten umfassend offen und stellen uns dem wissenschaftlichen Diskurs." Sebastians Fragen zu den Annahmen und der Methodik der BVI-Studie habe man "bereits im Oktober 2023 ausführlich schriftlich beantwortet". Der Verband hatte seine Analyse im August 2023 vorgelegt.

Dagegen seien die Ergebnisse der Sebastian-Studie, nach der Provisionen mit Vermögensverlusten einhergehen, "nicht nachvollziehbar". "Seit April vergangenen Jahres bemühen wir uns um einen konstruktiven Austausch mit ihm, um seine Ergebnisse überprüfen zu können. Unserer mehrfachen Bitte um Zugang zur Datenbasis seiner Studie hat er trotz gemachter Zusagen bis heute nicht entsprochen", so der BVI. "Auch Fragen zur Methodik blieben unbeantwortet."

Umso bedauerlicher sei es, dass die Ergebnisse der Studie in der politischen Diskussion über das Für und Wider eines Provisionsverbotes reichlich Widerhall fänden – nicht nur in Berlin, sondern auch im Europäischen Parlament, wie der BVI feststellt.

Anfragen der Redaktion bleiben unbeantwortet
FONDS professionell ONLINE hatte im April 2023 über Sebastians Studie berichtet. Fragen der Redaktion zu einigen Aussagen und Annahmen beantwortete der Wissenschaftler seinerzeit nicht. Auf eine neuerliche Anfrage von FONDS professionell ONLINE, ob er zu den Vorwürfen des BVI Stellung nehmen möchte, reagierte Sebastian bislang nicht. (bm)