Dennis Hänsel, Leiter ESG Advisory bei der DWS, sagt im "Bloomberg"-Interview, er sei sich durchaus bewusst, dass "die Frustration unter Fondsmanagern sehr groß" ist. Jahrelang hätten sie versucht, sich an das Regelwerk der Europäischen Union für Investitionen zu halten, die auf ökologische und soziale Ziele sowie gute Unternehmensführung ausgerichtet sind. Und nun heißt es von der EU, dieses Regelwerk sei ungeeignet. Dennoch: Wenn die EU am Ende wichtige Teile des bestehenden Rahmens über Bord wirft, "wäre das ein Albtraum", so Hänsel.

Zur Erinnerung: Die Europäische Kommission hat im vergangenen Monat eine Konsultation zur Offenlegungsverordnung (auch unter ihrem englischen Akronym SFDR bekannt) eingeleitet, nachdem Investoren und einige Aufsichtsbehörden seit Langem beklagen, dass das ESG-Regelwerk voller Lücken sei. Einige akademische Studien legen sogar nahe, dass die SFDR genau dem Greenwashing Vorschub geleistet hat, das sie eigentlich verhindern sollte.

Die Konsultation läuft bis zum 15. Dezember. Bei einem Workshop der Europäischen Kommission am Dienstag (10.10.) sagte Finanz-Kommissarin Mairead McGuinness, sie wolle sich ein "umfassendes Bild" dazu machen, wie die Verordnung in der Praxis funktioniert. Der Workshop sollte eine Reihe von Themen abdecken, darunter die Frage, wie die Verordnung mit anderen Elementen des EU-Rahmens für nachhaltige Finanzen zusammenwirkt und ob neue Produktkategorien sinnvoll wären.

SFDR beinhaltet viel Gutes
Hänsel ist nicht der einzige, der die grundlegenden Bausteine der Verordnung verteidigt. Laurence Caron-Habib, Leiterin Public Affairs bei BNP Paribas Asset Management, hält es ebenfalls für eine schlechte Idee, bei null anzufangen. Es gebe "positive Elemente" in der SFDR, sagt auch sie.

Die öffentlichkeitswirksamste Auseinandersetzung rund um die SFDR war im vergangenen Jahr die Herabstufung zahlreicher Fonds wegen einer Neufassung der strengsten ESG-Einstufung, der sogenannten Artikel-9-Fonds. Goldman Sachs schätzt, dass Fonds mit einem verwalteten Vermögen von etwa 240 Milliarden US-Dollar diese Einstufung aufgeben mussten. Auch die DWS hat Artikel-9-Fonds herabgestuft. Eine Sorge bezüglich der Änderungen an der Offenlegungsverordnung ist, dass ähnliche Verwerfungen auch für die größere Fondsklasse Artikel 8 ins Haus stehen könnten.

Bürokraten sorgen für Probleme
Caron-Habib sagt, die Hauptsorge sei Artikel 8 und die große Bandbreite nachhaltiger Ansprüche, die er jetzt abdeckt, da es keine Mindestkriterien gibt. Diese Situation werde durch die mangelnde Kohärenz bei der Interpretation der SFDR-Anforderungen durch die nationalen Regulierungsbehörden innerhalb der EU noch verschlimmert, stellt sie fest.

Für Hänsel geht es darum, die Verwirrung um die SFDR zu beseitigen, ohne die Grundsätze, die den bestehenden Fondsbezeichnungen zugrunde liegen, über Bord zu werfen. Dazu gehöre das Ausmaß, in dem von den Fondsmanagern erwartet werde, dass sie ihre Nutzung der EU-Taxonomieverordnung sowie der Indikatoren für die wichtigsten negativen Auswirkungen nachweisen. (Bloomberg/aa)