Die Europäische Kommission hat Vorschläge erarbeitet, welche Kriterien Fonds erfüllen sollen, um das EU-Umweltzeichen tragen zu dürfen. Der Entwurf sieht Positiv- und Ausschlusskriterien vor, die in der Politik und der Branche auf geteiltes Echo stoßen.

Mit dem 141 Seiten starken "Technischen Report" aus Brüssel rückt das Ecolabel für Finanzprodukte einen entscheidenden Schritt voran. Erste Pläne, das 1992 eingeführte Siegel für umweltfreundliche Alltagsprodukte auch für Fonds anzubieten, wurden vor drei Jahren bekannt. Das "Joint Research Center" der EU-Kommission wurde beauftragt, Ideen auszuarbeiten, wie entsprechende Kriterien für Finanzprodukte aussehen könnten. Das Siegel soll sich an der Taxonomie orientieren, also dem Klassifikationssystem, mit dem die EU festlegt, welche Wirtschaftsaktivität als nachhaltig gelten darf.

Nur drei Fonds erfüllten die ursprünglichen Kriterien
Das erste Konzept des JRC war der Branche deutlich zu streng. Die Asset-Management-Branche monierte, dass nur Fonds das Siegel bekommen sollen, die einen recht hohen Anteil ihres Portfolios "taxonomiekonform" investieren. Das erschwere die Risikostreuung. In der Tat kam eine im vergangenen Jahr von der Europäischen Kommission beauftragte Studie zu dem Ergebnis, dass nur drei von 101 analysierten Nachhaltigkeitsfonds die damals diskutierten Kriterien für das Umweltzeichen erfüllen würden (FONDS professionell ONLINE berichtete).

In dem nun vorgelegten Report wurden die Anforderungen an den "grünen Portfolioanteil" ("Portfolio Greenness") vereinfacht. "Dennoch sind die Schwellenwerte für den grünen Portfolioanteil nach wie vor sehr ambitioniert und werden wenig Diversifikationsmöglichkeiten zulassen", so ein Sprecher des deutschen Branchenverbands BVI gegenüber FONDS professionell ONLINE.

"Kaum praktikabel"
Kritisch sieht der BVI außerdem die "extrem langen Listen" für ökologische und soziale Ausschlüsse. "Die ökologischen Ausschlusskriterien wurden teils erweitert und sehen vielfach die Notwendigkeit vor, ein Bekenntnis der Portfoliounternehmen zu bestimmten Nachhaltigkeitszielen beziehungsweise -strategien zu bekommen oder Nachweise zu erbringen, dass in ökologisch bedenkliche Aktivitäten nicht mehr investiert wird", so der Sprecher. "Das ist kaum praktikabel."

Der Entwurf sieht beispielsweise vor, dass Ecolabel-Fonds nur dann in Aktien oder Anleihen eines Autoherstellers investieren dürfen, wenn sich das Unternehmen dazu verpflichtet hat, sich bis 2030 vom Verbrennungsmotor zu verabschieden.

"Die Welt in Gut und Böse eingeteilt"
Auch im Europäischen Parlament geht der Entwurf manchem zu weit. Die "Süddeutsche Zeitung" zitiert Markus Ferber, den wirtschaftspolitischen Sprecher der EVP-Fraktion, mit den Worten, die Kommission scheine "in bester planwirtschaftlicher Manier die Welt in Gut und Böse eingeteilt zu haben". Wer nicht zur richtigen Kategorie gehöre, dem solle "schlichtweg der Geldhahn abgedreht werden".

Der BVI stört sich zudem daran, dass Fonds für das Ecolabel einen gesonderten Impact-Bericht erstellen sollen, der über das Reporting nach der EU-Offenlegungsverordnung hinausgeht. "Das ist zu bürokratisch und wird für Anleger schwer verständlich sein", meint der Verbandssprecher. (bm)


Den vollständigen "Technischen Report", in dem die Europäische Kommission Kriterien zum geplanten Ecolabel für Finanzprodukte vorschlägt, können Sie hier im PDF-Format herunterladen (externer Link).