Die Europäische Kommission treibt ihre Agenda für eine nachhaltige Finanzwirtschaft weiter voran. Neben der Taxonomie für ökologisches Wirtschaften, Vorschlägen zur Reform der EU-Richtlinie zur nichtfinanziellen Berichterstattung (Non Financial Reporting Directive; NFRD), der Offenlegungsverordnung und den Ergänzungen der Finanzmarktrichtlinie Mifid II um eine Nachhaltigkeitspräferenzabfrage hat die Kommission jüngst auch Vorschläge für die Implementierung einer solchen Abfrage in die Versicherungsvertriebsrichtlinie IDD vorgelegt. 

Betroffen sind davon allerdings nicht alle Versicherungen, sondern nur Versicherungsanlageprodukte wie Fondspolicen. Die Vorschläge werden nun vom Europäischen Parlament und dem Ministerrat diskutiert. In rund einem halben Jahr dürfte der finale Text stehen und in Kraft treten. Verpflichtend sind die Vorschriften aber erst nach einer einjährigen Übergangsfrist.

Änderungen älterer EU-Rechtsakte
Wichtig ist: Das neue Papier der Kommission ändert einige Artikel in den delegierten Rechtsakten (EU) 2017/2359 und (EU) 2017/2358. Letzterer beschreibt die Lenkungsfunktionen der Versicherer und definiert die Zielmärkte für kapitalbildende Versicherungen. Das Regewerk (EU) 2017/2359 erläutert die Vorgaben für den Vertrieb von Versicherungsanlageprodukten und damit auch die Geeignetheitsprüfung, die um die Nachhaltigkeitsaspekte ergänzt werden soll.

Bei der künftig vorgeschriebenen Abfrage der Nachhaltigkeitspräferenz im Rahmen der Geeignetheitsprüfung sollen sich die Berater nicht einfach nur erkundigen, ob der Kunde ein Produkt möchte, das nach der EU-Offenlegungsverordnung unter Artikel 8 oder Artikel 9 eingruppiert ist. Vielmehr müssen Vermittler genauer nachfragen, "wie nachhaltig es denn sein soll" – ähnlich wie bei der Abfrage der Nachhaltigkeitspräferenzen bei Fonds.

Drei Nachhaltigkeitsstufen
Der Kunde muss den Vorschlägen der Kommission zufolge angeben, ob er ein Mindestmaß an Investments in Produkte möchte, die "ökologisch nachhaltig" gemäß Definition in Artikel 2 (1) der Verordnung EU 2020/852 über die Einrichtung eines Rahmens zur Erleichterung nachhaltiger Investitionen anlegen. Er kann auch erklären, dass er Produkte wünscht, die nachhaltig gemäß Definition Artikel 2 (17) der Offenlegungsverordnung sind. Die dritte Wahlmöglichkeit sind Produkte, die zumindest die negativen Auswirkungen auf Nachhaltigkeitsfaktoren (Principal Adverse Impact Indicators, PAIs) berücksichtigen. 

Die Kommission schreibt in den Ende April veröffentlichten Ergänzungen zu dem delegierten Rechtsakt (EU) 2017/2359 ferner vor, dass ein Vermittler keine Lebenspolice empfehlen darf, wenn sie die Nachhaltigkeitskriterien des Kunden nicht erfüllt. Wenn der Kunden daraufhin seine Meinung ändert und etwa auch mit weniger nachhaltigen Policen vorliebnimmt, so muss dies dokumentiert werden. (jb)