Die Erhebung der Nachhaltigkeitspräferenzen kostet gewerbliche Anlageberater der Bundesregierung zufolge rund 101 Millionen Euro im Jahr. Das geht aus dem Referentenentwurf zur "Verordnung zur Änderung der Gewerbeanzeige- und der Finanzanlagenvermittlungsverordnung" hervor, den das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz vorgelegt hat.

Mit der Änderungsverordnung werden die neuen Mifid-II-Pflichten, die seit August für Bankberater gelten, für Finanzanlagenvermittler und Honorar-Finanzanlagenberater mit Erlaubnis gemäß Paragraf 34f respektive 34h Gewerbeordnung umgesetzt (FONDS professionell ONLINE berichtete). Um die "Bürokratiekosten aus Informationspflichten" zu ermitteln, macht das Ministerium eine Rechnung auf, die in der Branche für Verwunderung sorgt.

Jede Präferenzabfrage kostet im Schnitt 5,13 Euro
"Geht man davon aus, dass jeder Finanzanlagenvermittler im Durchschnitt 500 Anlageberatungen pro Jahr durchführt und die Abfrage und Zusammenstellung von Informationen über die Nachhaltigkeitspräferenzen der Kunden im Durchschnitt einen Zeitaufwand von sechs Minuten pro Fall verursachen, ergibt sich bei einem Lohnsatz mittleren Qualifikationsniveaus in Höhe von 51,30 Euro (…) der genannte Aufwand", heißt es in dem Referentenentwurf.

Zuletzt waren im Vermittlerregister des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) 39.340 34f-Vermittler und 34h-Berater registriert. Multipliziert man diese Zahl mit den angenommenen 500 Anlageberatungen und den unterstellten Zusatzkosten von 5,13 Euro je ESG-Präferenzabfrage (sechs Minuten Zeitaufwand bei 51,30 Euro je Stunde), ergeben sich 100,91 Millionen Euro.

Verband erwartet "Vielfaches des angesetzten Zeitaufwandes"
Insbesondere der angenommene Zeitaufwand von nur sechs Minuten sorgt bei Branchenvertretern für Empörung. "Jede Person, die sich ernsthaft mit den gesetzgeberischen Grundlagen der Nachhaltigkeitspräferenzermittlung befasst hat, kann bei dieser unrealistischen Zeitannahme nur staunend den Kopf schütteln", sagt Martin Klein, Vorstand des Vermittlerverbands Votum. "Tatsächlich ist pro Beratungsfall von einem Vielfachen des hier angesetzten Zeitaufwandes auszugehen." Erste Untersuchungen des Verbandes hätten ergeben, dass realistisch mit dem Zehnfachen des vom Ministerium angegebenen Erfüllungsaufwandes gerechnet werden müsse. (bm)