Die Asset-Management-Branche erhält aller Voraussicht nach mehr Zeit, um wichtige Teile der Nachhaltigkeitsregulierung umzusetzen. Die EU-Kommission kündigt an, das Inkrafttreten der Offenlegungsverordnung von den künftigen Regulierungsdetails zeitlich trennen zu wollen. So soll die Verordnung zwar unverändert ab dem 10. März 2021 gelten. Aber: "Erst zu einem späteren Zeitpunkt – wohl ab Anfang 2022 – sollen die technischen Regulierungsstandards mit den Detailvorgaben in Kraft treten", erläutert der deutsche Fondsverband BVI.

Die Interessenvertreter begrüßen diese "pragmatische" Umsetzung. "Die Aussagen der EU-Kommission ermöglichen den Fondsgesellschaften, ihren künftigen Pflichten zur Nachhaltigkeit nachzukommen, ohne am politisch festgelegten Starttermin der Offenlegungsverordnung zu rütteln", sagt BVI-Hauptgeschäftsführer Thomas Richter. "Zudem verhindern sie einen drohenden Vertriebsstopp nachhaltiger Fonds."

"Prinzipienorientierte Vorgaben"
Die geplante Verschiebung gebe Fondsanbietern und nationalen Behörden die notwendige Zeit für die Umsetzung der nachhaltigkeitsbezogenen Offenlegungspflichten, argumentiert der Verband. "Fondsgesellschaften müssen bereits heute Nachhaltigkeitsrisiken berücksichtigen und bei Produkten mit Nachhaltigkeitsmerkmalen über den jeweils angewandten Ansatz zum Beispiel im Verkaufsprospekt informieren", betont der BVI. "Dies sollte für die Einhaltung der prinzipienorientierten Vorgaben des Verordnungstextes ausreichen."

Für die ebenfalls erforderliche Offenlegung von wesentlichen nachteiligen Nachhaltigkeitswirkungen könnten Fondsgesellschaften der Branchenlobby zufolge zum Beispiel auf Informationen zurückgreifen, die sie im Rahmen der nichtfinanziellen Berichterstattung oder nach sonstigen internationalen Standards schon heute veröffentlichen.

Bisheriger Zeitplan war "praktisch unmöglich" umzusetzen
Nach dem bisherigen Zeitplan für die Anwendung der EU-Offenlegungsverordnung müssten Fonds bis zum Inkrafttreten der Verordnung am 10. März kommenden Jahres nicht nur die prinzipienorientierten Vorgaben des Verordnungstextes, sondern auch zeitgleich detaillierte Informationen zur Nachhaltigkeit in ihre Verkaufsprospekte aufnehmen. "Die entsprechenden Vorlagen werden aber noch von den europäischen Behörden entwickelt und sind bislang nicht einmal als Entwurf verfügbar", betont der Verband. Sie werden frühestens Ende Januar 2021 in der endgültigen Fassung vorliegen.

"Den Fondsgesellschaften würden damit nur fünf Wochen Zeit bleiben, die neuen Vorgaben zu analysieren und die Anlegerinformationen von tausenden von Fonds anzupassen. Dies ist praktisch unmöglich", argumentiert der BVI. "Folglich wäre der Vertrieb von nachhaltigen Fonds ab dem 10. März 2021 nicht möglich, da sie die Anforderungen zu den nachhaltigen Detailinformationen nicht umsetzen können." Deshalb hatte sich der BVI in den vergangenen Monaten für realistische Anforderungen beim Start der Offenlegungsverordnung eingesetzt. (bm)