Auf europäischer Ebene laufen derzeit zwei Regulierungsvorhaben zu Nachhaltigkeitsfonds. Darauf weist der deutsche Branchenverband BVI in der aktuellen Ausgabe seines Podcasts hin (externer Link). Demnach hat die Europäische Wertpapieraufsicht ESMA ein "Supervisory Briefing" erarbeitet, das den nationalen Aufsichtsbehörden Hinweise zum Umgang mit der EU-Offenlegungsverordnung (SFDR) geben soll. Darin äußert sich die ESMA unter anderem dazu, wann ein Fonds als "nachhaltig" bezeichnet werden darf. Künftig soll das nur noch für "Artikel 9"- oder "Artikel 8+"-Fonds der Fall sein, erläutert BVI-Rechtsexpertin Magdalena Kuper.

Artikel 9 ist für Sondervermögen reserviert, die überprüfbare Nachhaltigkeitsziele verfolgen und daher oft als "Impact"-Produkte bezeichnet werden. Unter Artikel 8 fallen ESG-Strategiefonds. Qualitative Vorgaben, wie diese Strategie auszusehen hat, macht die Offenlegungsverordnung jedoch nicht. Um als "nachhaltig" vermarktet werden zu dürfen, sollte daher ein Mindestanteil nachhaltiger Investments vorgeschrieben sein, so der Vorschlag der ESMA, über den der BVI berichtet. Kuper spricht in diesem Zusammenhang von "Artikel 8+" – in Anlehnung an die Vorgaben, die laut der Mifid-II-Neufassung ab August für den Vertrieb gelten, wenn Berater die Nachhaltigkeitspräferenzen ihrer Kunden erheben müssen.

Mindeststandards für Artikel-8-Fonds in der Diskussion
Kuper berichtet außerdem von Ideen der EU-Kommission, die Offenlegungsverordnung an sich nachzuschärfen. Diskutiert werde, generell Mindeststandards für die ESG-Strategien der Artikel-8-Fonds zu definieren. Ob und wenn ja wie das umgesetzt werden soll, sei aber noch offen.

Hintergrund dieser Initiative ist offensichtlich die inflationäre Eingruppierung von Fonds als Artikel-8-Produkt in manchen Ländern. In Frankreich hätten die Anbieter mehr als jeden zweiten Fonds gemäß Artikel 8 eingestuft, sagt BVI-Hauptgeschäftsführer Thomas Richter. Brüssel habe es versäumt, von Anfang an strengere Kriterien für Artikel-8-Fonds zu definieren, und erst jetzt erkannt, dass an dieser Stelle ein Nachjustieren der Verordnung nötig sei.

Bafin legt Richtlinie auf Eis
Diese Regelungslücke in der Offenlegungsverordnung hatte die deutsche Finanzaufsicht Bafin im vergangenen Jahr dazu veranlasst, eine eigene Richtlinie für nachhaltige Investmentvermögen zu initiieren, um Greenwashing zu vermeiden. Erste Entwürfe wurden in der Branche als nicht praxistauglich zurückgewiesen. Jüngst teilte die Bundesanstalt zwar mit, vorerst auf die Richtlinie verzichten zu wollen. Wesentliche Inhalte aus dem Entwurf sollen bei der Genehmigung neuer Fonds dennoch berücksichtigt werden, was der BVI scharf kritisiert (FONDS professionell ONLINE berichtete). (bm)