Die EU führt weitreichende Möglichkeiten für Sammelklagen ein. Ein seit längerem in Arbeit befindlicher Gesetzestext wurde Anfang der Woche mit dem Abschluss der Trilogverhandlungen zwischen EU-Kommission, Rat der EU und EU-Parlament besiegelt. Die EU-Staaten haben nun zwei Jahre Zeit, die Richtlinie in nationales Recht umzusetzen.

"Lehren aus Diesel-Skandal gezogen"
"Der EU-Gesetzgeber hat spät, aber doch die Konsequenzen aus dem VW-Skandal gezogen, der die Defizite in der Rechtsdurchsetzung erneut schonungslos aufgezeigt hat", sagt Petra Leupold, Expertin für kollektiven Rechtsschutz beim österreichischen Verein für Konsumentenschutz (VKI). Beim VW-Diesel-Skandal stehe zwei Jahre, nachdem der VKI Klage eingebracht hat, noch nicht einmal fest, ob österreichische Gerichte überhaupt zuständig sind, während US-amerikanische Verbraucher bereits vor über vier Jahren von VW entschädigt wurden.

Die neue Richtlinie sorgt dafür, dass für Klagen gegen ausländische Konzerne ein Gerichtsstand im Land der Geschädigten besteht. Auf bisheriger gesetzlicher Grundlage sei ein kollektives Vorgehen gegen internationale Konzerne wie Facebook, Google oder Amazon "in Österreich schlicht nicht sinnvoll möglich" gewesen, so Leupold. Betroffen seien davon nicht nur die Verbraucher. Die Situation führe auch zu einer Verzerrung des Wettbewerbs zulasten der Unternehmer in Ländern, in denen ausländische Konzerne nicht mit effizienten Sanktionen rechnen müssen.

Schadenersatz statt Unterlassung
Die neue Richtlinie sehe erstmals vor, dass Verbraucherverbände für geschädigte Konsumenten auf Leistung klagen können. Dass bestehende Ansprüche auch durchgesetzt werden können, sei aus Präventionsgründen wesentlich, so Leupold. Bisher galt in Ländern wie Österreich, dass man per Verbandsklage nur eine Unterlassung erwirken konnte, aber keinen Schadenersatz.

Eine Neuerung ist auch, dass künftig Sammelklagen bei Rechtsverletzungen im Bereich Datenschutz, im Reisesektor und bei Finanzdienstleistungen möglich werden. Nach geltendem Recht können Verbraucherschutzverbände in diesen Sektoren nicht mit Verbandsklage vorgehen. Die Richtlinie ersetzt den alten Rahmen (2009/22/EG), der nur eingeschränkte Möglichkeiten einräumt. (eml)